Hartung-Gorre Verlag
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Margit
Bartfeld-Feller et al.
Selma
Meerbaum-Eisinger
1924–1942
Erinnerungen
ihrer Schulfreundin
Mit
Beiträgen von Gesine Keller, David Klein,
Elisabeth
Rosenfelder und Jürgen Serke
Vorwort
von Petro Rychlo
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
1. Auflage 2013, 80 Seiten. € 16,00
ISBN 978-3-86628-479-1
Aus dem Vorwort von Petro Rychlo: "Das Leben ist
rot"
Es
gibt kein einziges eigenständiges Foto von Selma Meerbaum-Eisinger.
Fünf oder sechs Aufnahmen, die sich wie durch ein Wunder erhalten haben, sind
Ausschnitte aus Gruppenbildern. Sie haben sich durch Zufall in privaten Archiven
gefunden. Waren aber auch diese Archivsammlungen, wie so vieles in jener Zeit,
verloren gegangen, so konnten wir uns heute nicht einmal vorstellen, wie Selma Meerbaum-Eisinger ausgesehen hat.
Drei
Jugendfreundinnen waren hier zu nennen, denen wir die Erhaltung dieser Fotos
und – was noch wichtiger ist – des schmalen poetischen Nachlasses dieser jungen
Czernowitzer Dichterin verdanken, die mit 18 Jahren
unter schrecklichen Bedingungen in einem nazistischen Arbeitslager in Transnistrien aus dem Leben scheiden sollte. Es geht dabei
um ein Album sehnsüchtiger Liebesgedichte, die Selma ihrem Freund Leiser Fichmann gewidmet hatte, den sie in der zionistischen
Jugendgruppe "Haschomer Hazair"
in Czernowitz kennenlernte. Else Schachter-Keren,
Renee Abramovici-Michaeli
und Margit Bartfeld-Feller waren Selmas
Klassenkameradinnen – zuerst in einer rumänischen Mädchenschule (Hoffmann-Lyzeum, rumänisch Lyceum
Julia Haşdău), später, als Czernowitz 1940 sowjetisch wurde, in einer jüdischen
Mittelschule, wo einer ihrer Lieblingslehrer und ihr Klassenleiter Hersch Segal war, der 1976 zum
ersten Mal Selmas Gedichte als Privatdruck in einer bescheidenen Auflage von
400 Exemplaren in Israel herausgegeben hatte.
Heutzutage
ist Margit Bartfeld-Feller die einzige der drei
Freundinnen, die nach einigen Jahrzehnten sibirischer Verbannung seit 1990 in
Israel lebt und noch authentische Erinnerungen an Selma vermitteln kann. Desto
wertvoller sind diese Zeugnisse über das jüdische Mädchen aus Czernowitz, das in der Zeit triumphierender Nationalismen,bodenlosen Hasses und blinden Rassenwahns auf Deutsch
dichtete und in seinen Gedichten das höchste und das schönste menschliche
Gefühl – die Liebe – besang.
Margit
Bartfeld-Feller, die erst nach der späten
Einwanderung nach Israel ihre Texte zu schreiben begann, ist heute eine der
wichtigsten Stimmen, welche die Verbrechen des nazistischen und des
stalinistischen Regimes als Überlebende anprangert. In der Edition Schoáh &
Judaica / Jewish Studies,
die von Prof. Erhard Roy Wiehn im Konstanzer Hartung-Gorre
Verlag herausgegeben wird, hat sie schon 10 Bände ihrer dokumentarischen
Erzählungen publiziert. Diesen Herbst erhielt sie in Wien den ehrenvollen
Theodor-Kramer-Literaturpreis, der für das Schreiben im Exil und im Widerstand
verliehen wird. Das Buch über Selma Meerbaum-Eisinger,
das aus ihren Erinnerungen, Skizzen und essayistischen Aufsätzen besteht, soll
als ein verbales Denkmal für ihre Jugendfreundin gelten, deren Gedichte heute
bei unzähligen Veranstaltungen in verschiedenen Ländern vielsprachig rezitiert,
gesungen und mit theatralischen Mitteln auf kleineren und größeren Bühnen
dargeboten werden. Die Gedichte des Czernowitzer
Mädchens inspirieren heute mehrere europäische Künstler von Rang. Nur wenige
Beispiele seien hier erwähnt: die wunderbaren Vertonungen ihrer Gedichte des
Schweizer Musikers David Klein (vgl. S. 55 ff.) oder tiefsinnige Bildsequenzen
zu Selmas Leben und Werk der deutschen Malerin Helga von Loewenich.
…
Deswegen
ist in diesem Falle jedes, auch das kleinste biographische
Detail von größter Relevanz. Margit Bartfeld-Feller
versucht in ihrem neuen Buch das lebendige Bild der jungen Dichterin sichtbar
zu machen. Es sind Gedächtnissplitter, Momentaufnahmen, Traumeinfalle:
Schulalltag, gemeinsame Spaziergänge und Kinderspiele, "brennende
Geheimnisse", "verbotene" Lektüre, erste Liebe und erste
heimlich niedergeschriebene Gedichte… Daraus entsteht ein buntes Mosaik, das
für den Leser als Hintergrund dieser Gedichte dienen kann. Alles blieb bei
Selma unerfüllt – ihre Jugend in ärmlichen Verhältnissen, die mit dem Einmarsch
der deutschen und rumänischen Truppen in Czernowitz
so jäh abgebrochen wurde, ihre glühende, leidenschaftliche, jedoch kaum
erwiderte Liebe, ihr von den grausamen Berserkern weggenommenes Leben.
Link
zu einer Buchbesprechung von Christel Wollmann-Fiedler mit freundlicher
Genehmigung der Rezensentin:
http://www.bjt2006.org/CWF_Meerbaum_0814.pdf
Ein Denkmal für eine
Schulfreundin
Zusammen haben sie in Czernowitz die
Schulbank gedrückt,
waren ein unzertrennIiches Kleeblatt, haben die
kleinen Geheimnisse junger Mädchen geteilt, getanzt, gelacht, Gedichte
geschrieben - wie es halt beste Freundinnen zu tun pflegen. Die eine, Selma Meerbaum-Eisinger, ist mit 18 jahren
im Lager in Transnistrien an Flecktyphus gestorben,
die anderen, Else Schächter-Keren, Renee Abramovici-Michaelis und Margit Bartfeld-Feller
haben den Holocaust überlebt und haben dafür gesorgt! dass das dichterische
Vermächtnis der jungen Dichterin nach Israel gerettet und für die Nachwelt
erhalten wurde. Heute ist Margit Bartfeld-Feller die
einzige der Freundinnen, die nach einer Odysee
durch Sibirien, wohin sie 50 Jahre lange
verbannt war, heute in Tel Aviv lebt und noch
authentische Erinnerungen an „ihre" Selma vermitteln kann.
Umso wertvoller und
wie ein Schatz zu betrachten, sind diese Zeitzeugnisse über diese jüdischen
Mädchen aus Czernowitz, die in einer heute unfassbar grausamen
Zeit, in der Rassenwahn herrschte, auf Deutsch dichteten und in ihren Gedichten
beinahe naiv das wunderbarste und innigste Gefühl, die Liebe, besangen.
Ihr damaliger
Mathematiklehrer aus Czernowitz, Hersch SegaII, brachte 1976 in einer
bescheidenen Auflage erstmals Selmas Gedichte in einem Privatdruck heraus.
Margit Bartfeld-Feiler sagt selbst, dass diese
Gedichte ihrer Freundin sie ihr Leben lang begleitet haben und ihr auch in den
finstersten Stunden, als alles verloren schien, immer wieder Halt und Hoffnung
gaben. Sie ist davon überzeugt, dass sie auch mit Hilfe dieser Hoffnung ihr
eigenes schweres Schicksal besser hat meistern lassen.
Jetzt hat sie in
einem kleinen Bändchen, das wieder einmal in der Edition Schoah & Judaica beim Konstanzer Hartung-Gorre Verlag
mit großzügiger Unterstützung des Herausgebers Prof. Dr. Dr. Erhard Roy Wiehn erschienen ist, alle zauberhaften und bewegenden
Momente mit Selma wieder zum Leben erweckt. Es ist ein interessantes und nicht
minder berührendes Büchlein, das die Beziehungen zweier Freundinnen über den
Tod der einen hinaus beschreibt. Beide Frauen haben sich der deutschen
Sprache hingegeben, sie war ihr
gemeinsames Instrument - ein schönes und bemerkenswertes. Mit diesem kleinen,
zarten Büchlein hat Margit Bartfeld-Feller ihrer
Freundin Selma Meerbaum-Eisinger ein monumentales
Denkmal gesetzt.
Heute ist Margit Bartfeld-Feller über 90 Jahre alt, doch wenn sie von ihrer
Selma, ihren gemeinsamen Jugendtagen, ihren ersten gemeinsam durchlebten
Verliebtheiten spricht, dann flackert das Feuer der Jugend und der Sehnsucht
nach einer Welt, die schon lange nicht mehr ist - nur in den Erinnerungen
weiterlebt. Und deshalb ist dieses Büchlein mit dem Titel Selma Meerbaum-Eisinger 1924
- 1942 so lesenswert und unbedingt empfehlenswert. Das einfühlsame und
wirklich fantastische Vorwort von Peter Rychlo ist
dabei besonders hervorzuheben.
Bärbel
Rabi in „Die Stimme“ , Seite 3, April 2014. Mit
freundlicher Genehmigung der Autorin.
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