Jassyer Beiträge zur Germanistik
werden im Auftrag des Germanistik-Lehrstuhls der
"Alexandru Ioan Cuza"-Universität zu Jassy
im Verlag der "Alexandru Ioan
Cuza"- Universität Jassy
und im Hartung-Gorre Verlag Konstanz
von
Prof. Dr. Andrei Corbea-Hoisie
herausgegeben
Band XII:
Deutschsprachige
Öffentlichkeit und Presse
in Mittelost- und Südosteuropa (1848-1948).
Hrsg. von Andrei Corbea-Hoisie,
Ion Lihaciu, Alexander Rubel, Jassy
2008
Konstanz 2008, 600 Seiten, € 39,90. ISBN-10: 3-86628-189-7
ISBN-13: 978-3-86628-189-9
Aus dem Vorwort der Herausggeber
Der vorliegende Sammelband, der nun das Dutzend der Jassyer
Beiträge zur Germanistik voll machen wird, geht auf eine Jassyer
Tagung zurück, die unter dem gleichen Titel zwischen dem 1. und 5. November
2006 an der Alexandru Ioan Cuza-Universität stattfand. Das wissenschaftliche Ziel der
im Rahmen des "Fritz-von-Thyssen-Sonderprogramms
zum wissenschaftlichen Wiederaufbau in Südosteuropa der Alexander-von-Humboldt
Stiftung" organisierten und mit Unterstützung des Instituts für für
Deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas München, der Österreich-Bibliotheken
und des Goethe-Zentrums Iasi
durchgeführten Konferenz war die Erschließung und Erforschung der
deutschsprachigen Presse in Mittelost- und Südosteuropa, die einen noch kaum
ermittelten Kernbereich der Mitteleuropastudien darstellt. Zeitungsorgane, die
aus einer Vielzahl von Gründen in deutscher Sprache erschienen (nicht nur für
deutsche Minderheiten oder österreichische Verwaltungsbeamte ), bieten ein
nahezu unerschöpfliches Reservoir für kulturwissenschaftliche Studien. Das
konnte die Tagung anhand von vielen Fallstudien aus Rumänien, der Ukraine,
Kroatien, Slowenien und anderen Ländern deutlich machen. Ebenso deutlich wurde
aber auch, dass es zur systematischen Untersuchung dieser Stimmungs- und
Meinungsbarometer des 19. und 20. Jahrhunderts aus der Vielvölkerregion des
östlichen und südöstlichen Europa noch erheblicher internationaler Bemühungen
bedarf. Dass dies in Zukunft in internationalen und interdisziplinären
Arbeitsgruppen geschehen wird, ist mit ein Verdienst
dieser Tagung, von der erhebliche Impulse für gemeinsame Projektarbeit
ausgegangen sind. In der Tat war es die praktische Projektarbeit gewesen, die
seitens der Organisatoren zur Überzeugung führte, dass eine solche Tagung zur
systematischeren Erforschung deutschsprachiger Publizistik in Mittelost- und vor allem auch in Südosteuropa und zur
Anregung gemeinsamer, übergreifender Projektarbeit dringend erforderlich sei.
Die Erfahrungen des "Arbeitskreises Czernowitzer
Presse", der sich zum Ziel gesetzt hat, die Textbestände der Presserzeugnisse aus Czernowitz
aufzuarbeiten und zugänglich zu machen, und die Kontakte zu ähnlichen
Initiativen in Deutschland, Österreich, Ungarn etc. haben uns darin bestärkt,
ein solches Unterfangen in Angriff zu nehmen und in Jassy
Spezialisten auf dem Gebiet des deutschsprachigen Pressewesens in Mittelost- und Südosteuropa zusammenzuführen.
Die nun vorliegenden Ergebnisse der Tagung zeigen einerseits wie wichtig und enorm prägend deutschsprachiges Kulturschaffen, Theater und Presse in diesem Teil Europas gewesen ist, andererseits zeigen sie auch auf, dass die systematische Erforschung dieser bedeutenden Quellen der Kulturgeschichte erst am Anfang steht!, dass es also noch viele Schätze aus den Zeitungsabteilungen der Bibliotheken zu heben gibt und Generationen von Doktoranden ergiebige und spannende Promotionsthemen in diesem Bereich werden finden können.
Die Gestaltung des Tagungsbandes folgt dem Konzept der Tagung.
Beginnend mit dem systematisierenden Einführungsreferat Michael Nagels werden
im ersten Teil des Bandes allgemein gehaltende und
über die Einzelfallstudien hinaus weisende Beiträge zusammengefasst. Daran
schließen sich Untersuchungen zu bestimmten Regionen oder Ländern an, in denen
Autoren aus Rumänien, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, Ungarn,
Kroatien, Slowenien, der Republik Moldau, der Ukraine, Großbritannien und Frankreich die Zeitungslandschaft im Osten und
Südosten Europas beleuchten. Dabei reicht das Spektrum von den ersten
deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften in Osteuropa aus der Zeit vor
1848 bis hin zu dem vom kommunistischen Regime 1949 in Rumänien etablierten Minderheitenblatt "Neuer Weg". Der dritte Teil
des Bandes widmet sich dem in Iaci
traditionellerweise im Vordergrund stehenden Komplex "Czernowitz".
Die in vielerlei Hinsicht sehr besondere deutschsprachige Zeitungslandschaft
Bukowina wird in mehreren Einzelstudien untersucht, wobei entweder einzelne
Publikationsorgane oder ganz bestimmte Aspekte des Zeitungswesens, wie die
Zensur oder das Schulwesen im Spiegel der Presse, Nationalismus und
Antisemitismus usw. im Mittelpunkt stehen. Der abschließende vierte Teil widmet
sich den laufenden Projekten, die sich der Digitalisierung und der
Bestandsaufnahme der mittel-osteuropäischen Presse widmen. Von diesen Werkstattberichten
und den anlässlich der Tagung begonnenen Kooperationen werden sicher
weitergehende Ideen und Impulse für die noch am Anfang stehende Verwertung
dieses reichen Quellenschatzes für die Geschichte der deutschen Sprache und
Kultur, für die Geschichte der deutschen und österreichischen Minderheiten und
der Juden in Mittel- und Südosteuropa ausgehen.
Schlagwörter:
Öffentlichkeit und Raum, Presse und Dichtung, Bukowina, Czernowitz,
Pressezensur, Mitteleuropa, Südosteuropa, Pluralismus, Antisemitismus,
Habsburger Herrscherhaus
Rezension im Jahrbuch für
Kommunikationsgeschichte, Band 11/2009, Seite 222
Die
historische deutschsprachige Presse in Mittelost- und
Südosteuropa gehört zu den spannendsten Forschungsfeldern der historischen
Presseforschung, zumal sich nach 1989 eine erfreuliche Zusammenarbeit
entwickelt hat, die nicht zuletzt zu der Entdeckung führte, dass insbesondere
in den Ländern der Habsburger Monarchie bis heute eine lebendige
deutschsprachige Wissenschaftskultur existiert, die einer noch sehr viel
intensiveren Pflege von deutscher und österreichischer Seite bedürfte. Gerade
in der periodischen Literatur - in ganz besonderer Weise Medien des
Kulturtransfers, der Begegnung von Kulturen und der transnationalen Diskussion,
darüber hinaus ebenso der Integration wie der Identitätsbildung - finden sich
kulturelle Überlieferungen, die durch ihren Kontakt mit anderssprachigen
Kulturen eine spezifische, höchst interessante Färbung erhalten haben. Das
Gedächtnis vieler Städte und Regionen der hier in Frage kommenden Gebiete ist
in großem Maße in historischen Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblättern
und Kalendern enthalten - ein zu großen Teilen noch zu hebender Schatz.
Am
Anfang des verdienstvollen Bandes steht eine Übersicht der wichtigsten Entwicklungen
der deutschsprachigen Presse außerhalb des deutschen Sprachraumes
einschließlich einer skizzenhaften chronologischen Darstellung von der
Aufklärung bis hin zum frühen 20. Jahrhundert, die von Michael Nagel geboten
wird. Ansonsten bietet der Sammelband, der auf eine Jassyer
Tagung an der Alexandru Ioan
Cuza-Universität im Jahre 2006 zurückgeht, nicht
weniger als 38 Aufsätze, die in vier Abteilungen des Buches nach einigen
grundlegenden Überlegungen Fallstudien aus Mitteleuropa und sodann mehrere
Beiträge zur Bukowiner Öffentlichkeit und zur Pressestadt Czernowitz
bieten. Abschließend werden verschiedene laufende Forschungsprojekte
vorgestellt, zur Presse Temeswars beispielsweise oder
zur deutschsprachigen Presse in Mitteleuropa zwischen 1860 und 1914, zu
Massendigitalisierungsinitiativen von Zeitungen seitens der Österreichischen
Nationalbibliothek oder zu Editionen im Internet am Beispiel der »Frankfurter
Digitalen Bibliothek des Judentum«, in der sich eine »Digitale Bibliothek der
Bukowina« befindet. Das in diesem Band formulierte Ziel, durch Digitalisierung
das schriftliche kulturelle Erbe, das in den Magazinen der Bibliotheken
aufbewahrt wird, für möglichst viele Menschen lesbar und benutzbar zu machen,
damit es produktiv für neue Texte verwendet werden kann (S. 541), ist sehr zu
begrüßen, doch bleibt zu hoffen, dass die Bibliotheken solche Digitalisierung
nicht zur Entsorgung ihrer Originalbestände nutzen, denn wirklich ersetzen
können weder Mikrofilme noch Digitalisate diese
überlieferten Originale. HOLGER BÖNING, BREMEN
Rezensiert für H-Soz-u-Kult
von:
Hedvig Ujvári, Péter-Pázmány-Universität, Piliscsaba,
Ungarn
URL zur
Zitation dieser Rezension
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-1-023
Zitierweise
Hedvig Ujvári: Rezension zu: Corbea-Hoişie, Andrei; Lihaciu,
Ion; Rubel, Alexander (Hrsg.): Deutschsprachige Öffentlichkeit und Presse in Mittelost- und Südosteuropa (1848-1948). Konstanz 2008.
In: H-Soz-u-Kult, 12.01.2009,
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de
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