Jassyer Beiträge zur Germanistik
werden
im Auftrag des Germanistik-Lehrstuhls der
"Alexandru Ioan Cuza"-Universität zu Jassy
im Verlag der "Alexandru Ioan Cuza"-
Universität Jassy
und im Hartung-Gorre Verlag Konstanz
von
Prof. Dr. Andrei Corbea-Hoisie herausgegeben
Band XVIII
Andrei Corbea-Hoisie,
Sigurd Paul Scheichl (Hg.)
Kulturen
an ‚Peripherien‘ Mitteleuropas
(am
Beispiel der Bukowina und Tirols)
1. Auflage Jassy 2015, Konstanz 2015,
576 Seiten, € 39,90.
ISBN 978-3-86628-528-6
Seria Contribuþii ie
ene de germanisticã
este editatã de Catedra de germanisticã a
Universitãþii "Alexandru Ioan
Cuza", Iaºi îngrijitã de Andrei Corbea-Hoiºie,
Volumul XVIII
(Dieser Titel ist leider vergriffen!)
Vorwort der Herausgeber
Die Achse Zentrum-Peripherie zählt zu den
neuen Forschungschwerpunkten der Kulturwissenschaften
– in der Literatur ist von dieser Spannung schon länger die Rede, man denke an
Joseph Roths Überlegungen zum Untergang der Habsburgermonarchie. Eben diese
bestimmt räumlich und historisch auch unsere Perspektive: Es geht um
sprachliche und kulturelle Ränder Zentral- oder Mitteleuropas (im Sinne seiner
,altösterreichischen‘ Auffassung) besonders im 19. und 20. Jahrhundert;
speziell um die Bukowina (für die und deren Nachbarregionen Franzos das bon mot „Halbasien“ geprägt hat)
an der nordöstlichen und um Tirol an der südwestlichen Peripherie, beide weit
entfernt vom Macht- und Kulturzentrum Wien (dem Czernowitz
näher gestanden sein mag als Innsbruck und Bozen) und um das politische und
kulturelle Schicksal dieser Provinzen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg,
die für beide massive sprachliche und kulturelle Veränderungen nach sich
gezogen haben.
Pluralität als einheitliche kulturelle
Marke Zentraleuropas weisen auch Beiträge über andere Regionen Mittelosteuropas
nach: Transkarpathien, Galizien, das Banat; dieses
Bild mitteleuropäischer Vielfalt ergänzen ein Aufsatz über jiddische Literatur
und einer über einen ladinischen Autor aus Südtirol,
der sich einer Sprache bedient, die sowohl gegenüber dem Deutschen als auch
gegenüber dem Italienischen randständig ist – in einer Region die als ganze vom
deutschen wie vom italienischen Sprachraum her Peripherie ist. (Leider ist ein
erbetener Beitrag über die Literatur aus Südtirol in italienischer Sprache
schließlich nicht zustande gekommen.)
Dem Status und den Charakteristika der
deutschen Sprache an der westlichen und östlichen Extremität des ehemals
habsburgischen Machtbereichs – die in Tirol in direkter ,Konkurrenz‘ zum
Italienischen stand, während sie in der Bukowina als von einundzwanzig Prozent
der Bevölkerung zur Umgangsprache deklarierten lingua franca zwischen dem
mehrheitlich gesprochenen Rumänischen und Ukrainischen fungierte – wurde
besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Mehrere Beiträge befassen sich mit
Beziehungen zwischen dem Deutschen, dem Rumänischen und den slawischen Sprachen
und Dialekten in der Bukowina und der Umgebung, sowie in einer weiteren
Perspektive mit der rumänischen Sprache als einer Sprache am Rand der
romanischen Sprachen. Die deutsche Sprache in Südtirol wird sowohl unter dem
Aspekt ihrer Beziehungen zum ,Zentrum‘ der deutschen
Sprache als auch zum Italienischen behandelt.
,Peripherie‘ gibt es aber auch im Ästhetischen, als Verweigerung traditioneller wie
aktueller literarischer Konventionen. Dem spürt ein Beitrag über einen Tiroler
Autor (Georg Decristel) und ein weiterer über Walter
Pilar nach, der nicht zur räumlichen Peripherie gehört (sie jedoch zum Thema
macht), aber bewusst am Rand des Literaturbetriebs steht.
Ausgangspunkt des gemeinsamen Unterfangens
waren das Interesse an der Kultur der Bukowina in Jassy und die tirolbezogenen
Forschungen in Innsbruck. Im Rahmen der Partnerschaft zwischen den beiden
Universitäten schien es reizvoll diese parallelen Interessen einmal in einem
Projekt zusammenzuführen.
Auf Beziehungen zwischen den beiden Räumen
gehen nur zwei Beiträge ein, trotz dem Wirken zahlreicher Tiroler vor allem in Czernowitz, wo Johann Georg Obrist und Hans v. Vintler auch für die lokalen Autoren Anreger waren, wo ab
den 1870er Jahren Tiroler an der Universität tätig waren und von wo umgekehrt Czernowitzer Gelehrte nach Innsbruck berufen wurden, ein
akademisches Beziehungsgeflecht, das Franz Hieronymus Riedl schon vor vielen
Jahren dargestellt hat. Hier kommt die
Tätigkeit des aus Tirol stammenden Historikers Zieglauer
an der Czernowitzer Hochschule zur Sprache, ferner
ein spätes und schon Bukowina-fernes Kapitel der Zusammenarbeit zwischen Karl
Emil Franzos und dem Tiroler Literaten Johann Georg Obrist, schließlich ein
reflektierter Erfahrungsbericht über die Lehre einer Innsbrucker Kollegin in Jassy.
Im Hintergrund steht freilich der von 1946
bis 1963 an der Universität Innsbruck wirkende Sprachhistoriker,
Dialektforscher und Mediävist Karl Kurt Klein diesem Unternehmen Pate, hat doch
seine akademische Karriere in Jassy begonnen, wo er
an die zwei Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen als Germanist und
Bibliotheksdirektor gewirkt hat, und ist doch seine Literaturgeschichte des
Deutschtums im Ausland von 1939 trotz manchen Spuren der Entstehungszeit ein
Standardwerk über literarische Phänomene an der Peripherie geblieben. Das
vorliegende Buch enthält einige Briefe des großen Gelehrten aus der Zeit seines
Wirkens in Jassy.
Es bleibt uns die angenehme Pflicht zu
danken, einerseits den Beiträgern, andererseits der Südtiroler Landesregierung,
dem Südtiroler Kulturinstitut in Bozen und dem Österreichischen Kulturforum in
Bukarest, deren Subventionen das Erscheinen des Bandes ermöglicht haben, obwohl
er den zunächst vorgesehenen Umfang weit überschritten hat. Und ohne die
Infrastruktur der beiden beteiligten germanistischen Institute wäre dieser Band
nicht möglich gewesen.
Andrei Corbea-Hoisie, Sigurd Paul Scheichl
INHALTSVERZEICHNIS
ANDREI CORBEA-HOISIE, SIGURD PAUL SCHEICHL
Vorwort der Herausgeber
I. Sprachgeographie
und Sprachgeschichte
MICHAEL METZELTIN (Wien) Die Dynamik einer Sprache an der
Peripherie
ION LIHACIU und ANA-MARIA MINUŢ (Jassy)
Rumänisch als Grenzsprache
IOAN LĂZĂRESCU (Bukarest) Wortkontaminationen in der
Werbesprache. Ein deutsch-österreichisch-rumänischer Vergleich
HERMANN SCHEURINGER (Regensburg) Wiederholt peripher – Deutsch in
der mehrsprachigen Karpatoukraine
ANA-MARIA PRISACARU (Jassy) Deutsche
Einflüsse auf die Toponymie im rumänischen Teil der Bukowina
LUCIAN ŢURCAŞ (Jassy)
Ausläufer des Deutschen in der Südbukowina
IULIA ZUP (Jassy) Übersetzen an der
Peripherie: die Bukowina und ihre deutschsprachige Elite
CORDULA SCHWARZE (Innsbruck) Sprache unterrichten an der
Peripherie: Konzeptionelle Überlegungen anhand der Praxisdarstellung von (Kurz)
Lehraufenthalten
OSKAR PUTZER (Innsbruck) Deutsch in Südtirol – Merkmale und
Perspektiven einer Sprache an der Peripherie
GÜNTHER PALLAVER (Innsbruck) Sprache in der Pufferzone. Deutsche
Lehnwörter im trentiner Dialekt: Branzoll
im Südtiroler Unterland
II.
Literaturgeschichte und Kulturgeschichte
RALUCA RĂDULESCU (Bukarest) Regionales – Überregionales.
Überlegungen zu einer alten und neuen Dialektik
KLAUS AMANN (Innsbruck) Die Peripherie und ihre fluktuierenden
Zentren. Plädoyer für eine polyzentrische Perspektive der
Literaturgeschichtsschreibung des Mittelalters am Beispiel Rudolfs von Ems und
Hugos von Montfort
KURT SCHARR (Innsbruck) „Vom Standpunkt des Österreichers und
Historikers“. Leben und Werk des Ferdinand Zieglauer
von Blumenthal (1829-1906)
MARC SAGNOL (Paris) Barnow / Czortkow, ein galizisches Schtetl im Werk von Karl Emil
Franzos
IOANA ROSTOŞ (Suczawa) Czernowitzer Morgenblatt – das Blatt der Czernowitzer und nicht nur
MARKUS WINKLER (Berlin) Kulturkontakte im Orient. Max Wittners Reiseeindrücke in Palästina und Ägypten im Jahr
1926
NORA CHELARU (Jassy) Das zionistische
Judenbild der Klara Blum in den Periodika Ostjüdische Zeitung (Czernowitz) und Der jüdische Arbeiter (Wien), 1924-1933.
Studie und Texte
ANDREI CORBEA HOISIE (Jassy) Bessy tanzt in Czernowitz.
Marginalien zu einem deutschen Kriminalroman aus dem Jahre 1935, den Gregor von
Rezzori gelesen haben dürfte
MAGDALENA BACHMANN (Innsbruck) „Wer keine Heimat mehr hat, dem
wird wohl gar das Schreiben zum Wohnen.“ Peripherie und Selbstinzenierung
bei Erwin Chargaff
VICTOR NEUMANN (Temeswar) Timişoara
in der Zwischenkriegszeit: zwischen „fiktiver Ethnizität“ und offener
Gesellschaft
ARMIN EIDHERR (Salzburg) Beinerne Perlen der Peripherie: Abraham
Mosche Fuchs’ Frühwerk ejnsame (Lemberg, 1912) und dessen Einfluss auf Uri Zvi
Grinbergs mefissto (Lemberg, 1921; Warschau 1922)
RUT BERNARDI und PAUL VIDESOTT (Brixen) Luis Trenker als
ladinischer Autor. Eine weniger bekannte Facette des erfolgreichen Grödner Bergsteigers, Filmemachers und Schriftstellers
LUIGI REITANI (Udine) Glück und Gedächtnis. Zu Sabine Grubers
Roman Stillbach oder Die Sehnsucht
BARBARA SILLER (Innsbruck) „Durch Abenteuer Berg und Tal / ich
wollte fahren um nicht zu verliegen“ – Die Suche nach
einem unverschlüsselten Ort in Anita Pichlers Texten
WOLFGANG HACKL (Innsbruck) „Den Tiroler Adler rupfen“. Der Tiroler
Gaismair-Kalender (1980-1995)
ERIKA WIMMER (Innsbruck) Oblomowerei und Ein Fußbad im Schwarzen
Meer. Zu Strategien des Komischen und Kritischen bei Otto Grünmandl
CHRISTINE RICCABONA (Innsbruck) An der Peripherie. Zwischen
Konzeptkunst, Fluxus und experimenteller Literatur. Annäherungen an den
Klangkünstler Georg Decristel (1937-1997)
WOLFGANG WIESMÜLLER (Innsbruck) Walter Pilar – Grenzgänger an der
Peripherie
III. Dokumente
SIGURD PAUL SCHEICHL (Innsbruck) Johann Georg Obrists
Bemühungen für Karl Emil Franzos’ Deutsches Dichterbuch aus Österreich (1882
ASTRID AGACHE (Jassy) Briefe Karl Kurt
Kleins
IV. Miscellanea - 100 Jahre Rezzori
PETER RYCHLO (Czernowitz) Zwischen
Autobiographie und Bildungsroman: Gregor von Rezzoris Blumen im Schnee
MARIANA-VIRGINIA
LĂZĂRESCU (Bukarest) „Ein
Fremder in Lolitaland.“ Gregor von Rezzoris Reise durch Alte und Neue Welt
V. Rezensionen
MIHAELA AANEI (Jassy) Alfred A. Fassbind: Joseph Schmidt. Sein Lied ging um die Welt. 2012
FRANCISCA SOLOMON (Jassy) Daniel Baric, Tristan Coignard,
Gaëlle Vassogne (Hg.): Identités juives en Europe centrale. Des
Lumières à l’entre-deux-guerres.
2014
SIMON WIRTHENSOHN (Innsbruck) Eckehart Schmidl: Der Traum vom
Volkstheater. Die Geschichte der Exl-Bühne
(1902–1956). 2013 575
MARIA PIOK (Innsbruck) Marjan Cescutti,
Johann Holzner, Roger Vorderegger (Hrsg.): Raum – Region – Kultur.
Literaturgeschichtsschreibung im Kontext aktueller Diskurse. 2013
RALUCA RĂDULESCU (Bukarest) Zeitschrift der Germanisten
Rumäniens. Heft 2/2013 (44)
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