Hartung-Gorre
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Konstanzer
Schriften zur Rechtswissenschaft Band 248
Yvonne Puchinger
Irreführung durch Informationspflichtverletzung.
1. Auflage 2010, XLVIII, 254 Seiten; € 49,80.
ISBN 978-3-86628-348-0
Zum Inhaltsverzeichnis des Buches
Einleitung und Gang der Untersuchung
Die Schaffung originärer
Informationspflichten gegenüber Verbrauchern wird im europäischen
Gemeinschaftsrecht bereits seit geraumer Zeit angestrebt. Insbesondere durch
die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken werden bestimmte Informationen
über eine Ware oder Dienstleistung als wesentlich für Verbraucher qualifiziert.
Werbung für Waren oder Dienstleistungen beruht naturgemäß auf Übertreibungen
und Schönmalerei. Dies steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zum
Informationsinteresse des Verbrauchers. Brisant wird die Lage insbesondere
dann, wenn die Werbung die Grenze von der zivilrechtlich relevanten Stufe zur
strafbaren Werbung im Sinne des § 16 Abs. 1 UWG überschreitet.
Die vorliegende Arbeit befasst sich
mit der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und den
Auswirkungen der zivilrechtlichen Neuregelung, speziell des § 5a UWG, auf die Strafvorschrift des § 16
Abs. 1 UWG.
Die Arbeit beginnt mit einem Überblick
über die Rechtslage vor der UWG-Reform im Jahr 2008. Im Anschluss daran werden
die Vorschriften der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken erläutert,
auf deren Umsetzung das UWG 2008 beruht.
Sodann erfolgt eine Darstellung der
geänderten Vorschriften des neuen UWG. Im Vordergrund steht dabei die
Untersuchung des neuen § 5a UWG, welcher die Irreführung durch Unterlassen
beinhaltet. Erörtert werden insbesondere die verschiedenen Tatbestandsmerkmale
sowie deren Problemfelder.
Daran schließt sich eine Abgrenzung
des § 5a UWG von verschiedenen Tatbeständen des § 4 UWG und
§ 5 UWG an. Es folgen Ausführungen zu der Frage, ob es sich bei den
verschiedenen Tatbestandsalternativen des § 5a UWG um Unterlassen im
dogmatischen Sinne handelt.
Darauffolgend wird beleuchtet, welche Wirkungen die
UWG-Reform auf die unverändert gebliebene Strafvorschrift
des § 16 Abs. 1 UWG entfaltet.
Schlagwörter: Irreführung, unlauterer Wettbewerb,
UWG, unlautere Geschäftspraktiken, Informationsinteresse, Informationspflicht,
Informationspflichtverletzung, Unterlassen
Besprechung
in „UFITA, Archiv für Urheber- und Medienrecht“ Band 2011 Seiten 900-901:
Der
Einkauf von Waren und Dienstleistungen über modeme
Kommunikationskanäle (Internet, E-Shopping,
E-Commerce) sowie die immer variantenreichere Veränderung von Produkten
namentlich im Lebensmittelbereich (Lebensmittelimitate, gentechnische
Veränderungen usw.) stellen den Verbraucherschutz vor neue Herausforderungen:
Da die Ware oder Leistung nicht vor Ort betrachtet oder getestet werden kann,
bei vielen Produkten nur schwer auf ihre Beschaffenheit geschlossen werden kann
und die Verkäufer häufig unter Pseudonymen auftreten, ist der Kunde darauf
angewiesen, dass er über alle wesentlichen Merkmale des Einkaufsguts informiert
wird. Der Gesetzgeber trägt diesem Schutz- und Informationsbedürfnis der
Verbraucher durch die Normierung von Informationspflichten Rechnung. Die
Autorin der vorliegenden Konstanzer Dissertation befasst sich eingehend mit
diesen für die Verbraucherpraxis bedeutsamen Informationspflichten und zeigt
deren Geltungsbereich anhand von Fallgruppen auf. Im Vordergrund ihrer Untersuchung liegt der mit der
Revision des UWG im Jahre 2008 neu eingeführte § 5a UWG. Diese Revision wurde
notwendig, nachdem das Europäische Parlament und der Rat 2005 die Richtlinie
über unlautere Geschäftspraktiken erlassen haben, die von den Mitgliedstaaten
bis Juni 2007 ins nationale Recht umzusetzen war. Deren Artikel 7 auferlegt den
Unternehmen, dem Verbraucher die wesentlichen Informationen für ihre
geschäftlichen Entscheidungen nicht vorzuenthalten. Der bundesdeutsche
Gesetzgeber kam erst relativ lange nach Ablauf dieser Frist seiner
Umsetzungspflicht nach. Im Unterschied zur bisherigen Regelung von § 5 Abs. 2
S. 2 UWG 2004, die sich mit irreführender Werbung durch Verschweigen von
Tatsachen befasste, statuiert die neue Regelung eine eigenständige Regelung der
Irreführung durch Unterlassung einschliesslich einer
nicht abschliessenden Aufzählung konkreter
Informationen, die als wesentlich im Sinne des gesetzlich normierten
Verbraucherschutzes gelten (sog. Informationsmodell).
In
ihrer klaren, gut strukturierten und flüssig geschriebenen Untersuchung
beleuchtet Puchinger nicht nur die
unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale, sondern setzt sich auch eingehend mit
den Problemfeldern der neuen Informationspflichten auseinander. Bereits am
Anfang ihrer Studie weist sie darauf hin, dass zwischen dem (wachsenden)
Informationsbedürfnis der Verbraucher und der Werbefreiheit der Unternehmer ein
Spannungsverhältnis besteht, tendiert die Werbung doch naturgemäß zu
Übertreibungen und Schönmalerei, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf ein
Produkt oder eine Dienstleistung zu ziehen. Insbesondere mit der sog. Medienklausel
gemäss Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie über
unlautere Geschäftspraktiken bzw. § 5a Abs. 3 Nr. I a.E.
UWG 2008 versucht der Gesetzgeber, diesem Interessengegensatz Rechnung zu
tragen und einen information overload oder information overkill zu
vermeiden.
Die
Autorin ist eine klare Befürworterin des mit dem neuen Recht eingeführten
Informationsmodells. Den Kritikern, die ein Übermaß an Verbraucherinformation
und daraus entstehende Intransparenz für den Geschäftsverkehr befürchten, tritt
sie entschieden, aber auch mit überzeugenden Argumenten entgegen. Ihr ist
grundsätzlich auch zuzustimmen, dass bei der Beurteilung, worüber informiert
werden muss und auf welche Angaben verzichtet werden kann, der
Gesamtzusammenhang, die konkrete Art des abzuschließenden Rechtsgeschäfts und
die Art des konkreten Produkts zu berücksichtigen sind. Soweit sie jedoch die
Wesentlichkeit eines Produktmerkmals an die Erwartungshaltung der
angesprochenen Verbraucher koppelt, dürften Schwierigkeiten in der Praxis
vorprogrammiert sein, da die Erwartungen, die das Publikum an ein Produkt oder
eine Dienstleistung stellt, stark divergieren können und sich kaum immer
eindeutig feststellen lassen. Den Gesetzesanwendern ist deshalb viel
vernünftiges Augenmass zu wünschen, um die Unternehmer und die Verbraucher vor
übertriebenen, für den Kaufentscheid nicht wesentlichen Informationen zu
schützen. Die Dissertation von Puchinger kann
ihnen dabei hilfreiche Unterstützung bieten.
RA
Dr. Andreas Meili, Zürich
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