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Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft Band 258

 

 

 

 

Hans Theile und Alexander Nippgen (Hrsg.)

Die Arbeitsweise der Wirtschaftsstrafkammern.

Mit Beiträgen von Hans Theile, Alexander Nippgen,

Kerstin Petermann, Gerhard Spiess und Isabelle Voß.

1. Auflage 2015. XII, 424 Seiten; € 79,80.

ISBN 978-3-86628-518-7

 

 

 

 

 

 

Zum Inhaltsverzeichnis des Buches

 

 

 

 

 

Das Werk dokumentiert die Ergebnisse eines in den Jahren 2011 bis 2014 durchgeführten Forschungsprojektes, das im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz und dem Justizministerium Baden-Württemberg entstanden ist.

Über die Arbeitsweise von Wirtschaftsstrafkammern bestand bisher wenig empirisch gesichertes Wissen. Ein solches empirisches Erkenntnisdefizit erschien umso bedauerlicher, als Wirtschaftsstrafkammern im Falle einer durch die Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage erheblichen Herausforderungen ausgesetzt sind. Im Hinblick auf diese Herausforderung kann für Wirtschaftsstrafkammern analytisch zwischen zwei Ebenen differenziert werden, zwischen denen freilich Wechselbeziehungen bestehen: Zunächst ist von Interesse, wie die Spruchkörper das Management der Vielzahl bei ihnen anhängiger Strafverfahren betreiben und wie diese zeitlich nach- oder nebeneinander bearbeitet werden. Daneben ist von Interesse, wie Wirtschaftsstrafkammern das Management des einzelnen Strafverfahrens betreiben und mit den dort auftretenden Schwierigkeiten umgehen.

 

Aus empirischer Sicht war daher von Interesse, wie Wirtschaftsstrafkammern über die verschiedenen Stadien des Strafverfahrens hinweg mit Umfang und Komplexität des Verfahrensstoffes sowie dem hierdurch eröffneten Verteidigungspotential gerade im Hinblick auf die Grundsätze der materiellen Wahrheit sowie der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit umgehen. So wird geklärt, nach welchen Maximen und mittels welcher Instrumente und Maßnahmen die Kammern die Wirtschaftsstrafsachen in den verschiedenen Stadien des gerichtlichen Verfahrens organisieren und strukturieren. Da das jeweilige Verfahren auf die Generierung einer verfahrensabschließenden Entscheidung gerichtet ist, geraten damit nahezu zwangsläufig die verschiedenen strafprozessualen Erledigungsformen und insbesondere die verfahrenserledigenden Absprachen in den Blick. Nach welchen Handlungsmustern und in welchen Entscheidungsstrukturen dieses zentrale Instrument dabei von den Beteiligten, insbesondere den Wirtschaftsstrafkammern, zur Verfahrensverschlankung eingesetzt wird, wurde herausgearbeitet. Weil es innerhalb eines Strafverfahrens um die strafrechtliche Behandlung eines in der Vergangenheit liegenden Konfliktes geht, die jeweiligen Maßnahmen innerhalb des Verfahrens aber mit Blick auf eine verfahrensabschließende Entscheidung und damit auf die Zukunft getroffen werden, ist hier von Interesse, wie die Verfahrensbeteiligten in Bezug auf verfahrenserledigende Absprachen verfahrensbezogene Prognosen anstellen. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls von Interesse, inwieweit die vormaligen höchstrichterlichen Vorgaben und nunmehrige gesetzliche Regelung das Handeln der Praxis bestimmen.

 

 

Aus einer Buchbesprechung in Goltdammer´s Archiv für Strafrecht, 11/2017, Seiten 615-618

 

Die Arbeitsweise deutscher Gerichte wurde bisher nur wenig erforscht. Das gilt auch für Wirtschaftsstrafkammem. Die vorliegende Untersuchung betritt in weiten Teilen terra incognita: In quantitativer Hinsicht verweisen die Herausgeber auf die veröffentlichten Rechtspflegestatistiken (2), sie erwähnen die in den Jahren 1974 bis 1981 durchgeführte »Bundesweite EIfassung von Wirtschaftsstraftaten nach einheitlichen Gesichtspunkten« (BWE), nennen die Untersuchung von Dölling/Feltes et al. zu Determinanten der Verfahrensdauer vor den Landgerichten und die Studie von Altenhain besonders zu dem Phänomen verfahrenserledigender Urteilsabsprachen (2). Vor dem Hintergrund des insgesamt geringen empirischen Wissens verdient das von Theile und Nippgen herausgegebene Werk Aufmerksamkeit.

 

Die Arbeit enthält die Ergebnisse eines in den Jahren 2011 bis 2014 durchgeführten Forschungsprojekts, das auf einer Kooperation zwischen dem Institut für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz und dem Justizministerium Baden-Württemberg beruht (V). Das Ministerium hat zur Unterstützung Staatsanwalt Nippgen als Mitherausgeber für drei Jahre abgeordnet und dadurch die Realisierung des Projekts ermöglicht. Richter und Strafvelteidiger haben nicht mitgearbeitet. Neben den Herausgebern haben sich Gerhard Spiess und Kerstin Petermann beteiligt, und beim vierten Kapitel hat als Koautorin Isabelle Voß mitgewirkt.

 

 

Die Untersuchung ist trotz mehrerer kritischer Anmerkungen eine wesentliche rechtstatsächliche Arbeit, die zu neuen Erkenntnissen führt. Sie gibt Anstoß zu weiteren Forschungen auf diesem Gebiet, insbesondere zur »Überlastung« von Gerichten und Staatsanwaltschaften. Das Werk ist systematisch überzeugend aufgebaut und spannend zu lesen, nicht zuletzt wegen der vielen Zitate von Praktikern, die man sich dann oft bildlich vorstellen kann.

 

Rechtsanwalt Dr. Klaus Wasserburg, Fachanwalt für Strafrecht, Mainz

 

 

 

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