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Konstanzer Schriften zur Sozialwissenschaft Band 66
Herausgegeben von Horst Baier und Erhard R. Wiehn

Ralf Jeremias
Vernunft und Charisma
Die Begründung der Politischen Theorie
bei Dante und Machiavelli -
im Blick Max Webers
2005; 600 Seiten, 58,00 €. ISBN 3-86628-004-1

Thema ist die Rationalisierung von Macht und Herrschaft als Form der Verweltlichung von Dante zu Machiavelli. Während Dante Macht und Herrschaft durch Gott begründet sieht, begründet sie Machiavelli weltimmanent. Das gemeinsame Motto für Dante und für Machiavelli könnte lauten "Die Wahrheit wird euch frei machen", entsprechend den Worten des Johannesevangeliums (Joh. 8,32). Dante würde diesen Satz im christlichen Sinne sehen, Machiavelli im schlichten Sinne der Worte, also weltlich. Für Dante macht das Wahre das Reale. Für Machiavelli macht das Reale das Wahre. Weltliches und geistliches Charisma tritt bei Dante im Konflikt von Kaiser und Papst auf, mit Heinrich VII. und Bonifatius VIII. also, bei Machiavelli mit Cesare Borgia und Savonarola. Ihr weltgeschichtlicher Ort ist Florenz, ihre Epoche die Renaissance.

Die Voraussetzungen liegen einerseits in der Geistesgeschichte Europas, bis in die Antike zurückführend, andererseits in der Realgeschichte Italiens und des Heiligen Römischen Reiches. Für diese doppelläufige Entwicklung wird die idealtypisierende Methode Max Webers benützt, vor allem seine Herrschaftssoziologie.

Aus der Sicht eines Studiums der Politikwissenschaft, Soziologie und Sozialgeschichte sowie anschließender Forschungen, etwa zum Charisma und Traditionalismus in indianischen und germanischen Kulturen, möchte das Buch auch ein Kapitel zur ideengeschichtlichen und realhistorischen Fundierung der modernen Theorie der Politik sein.

Ralf Jeremias: Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte an den Universitäten Stuttgart und Konstanz, Promotion 2003, verschiedene wissenschaftliche Tätigkeiten und Lehraufträge an der Universität Konstanz. Gegenwärtig Forschungen über indianische Kulturen mittels der Herrschaftssoziologie Max Webers.

Rezension in ZPol 1/2006, S. 364, 365:

Die umfangreiche Arbeit soll den ideengeschichtlichen Wandel von Dante, der Herrschaft noch im Rahmen einer transzendenten Vernunft interpretierte, zur immanenten Herrschaftsbegründung Machiavellis rekapitulieren. Die zentrale Fragestellung von Jeremias lautet hierbei, ob sich diese Veränderung als Rationalisierung im Sinne Webers begreifen lässt, wobei sogleich auf das damit verknüpfte Problem verwiesen wird, inwieweit beide Theoretiker bereit sind, die Rationalisierung zu durchbrechen und einen charismatischen Führer als Krisenlösung zu rechtfertigen. Obwohl der Autor im Text betont, dass sich eine kontradiktorische Gegenüberstellung der beiden Autoren kaum rechtfertigen lässt, kommt er im Resümee zu dem Schluss, dass Machiavelli, der eine ungleich aufwändigere Beachtung erfährt, deutlicher der Dialektik aus Rationalisierung und Charisma entspricht und somit – anders als Dante – seiner Zeit voraus gewesen sei. Ob jedoch nun die beiden Autoren beziehungsweise die Ideengeschichte auf die hier vorgelegte spezifische Lesart Webers angemessen behandelt werden können, dürfte nicht unumstritten sein. So kommt der Autor bei der Suche nach dem charismatischen Machiavelli nach der richtigen Feststellung, dass dieser nicht allein aus dem „Principe“ begriffen werden kann, zu dem etwas seltsamen Schluss, dass die republikanischen „Discorsi“ als rückwärtsbezogenes Buch zu verstehen sind. (FS)

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