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Clara von Bodman / Elazar Benyoëtz
Solange wie das eingehaltene Licht
Briefe 1966–1982
Vorwort von Max Zweig
Herausgegeben von Hildegard Schultz-Baltensperger
Erste Auflage 1989, 310 Seiten, Taschenbuch.
EUR 20,35. ISBN 978-3-89191-257-7
Max Zweig (Jerusalem) über diesen Briefwechsel:
Als der älteste und vielleicht auch
letzte Zeuge dieser Verbindung kann ich bekunden, dass diese hier vorgelegte
Auswahl aus vielen Hunderten Briefen ein klares und getreues Bild dieser
Erstaunen erregenden Freundschaft darbietet.
Als Freund der Literatur darf ich
meine Freude darüber ausdrücken, dass wenigstens ein Teil dieses Briefwechsels
veröffentlicht wird, der beweist, dass die totgesagte Kunst des Briefschreibens
wieder lebendig geworden ist. Dies gewährt uns einen so tiefen wie trostvollen
Einblick in die Fähigkeit des Menschen, über Fremdheit und körperliche
Gebrechen hinweg zu Wesentlichem vorzudringen und die Wahrheit zu erkennen, die
in dem Aphorismus Elezar Benyoëtz
ausgedrückt ist: „Toleranz ist weniger Sache der Aufklärung als der
Liebesfähigkeit.“
Professor Dr. Erhard Roy Wiehn (Konstanz) über diesen Briefwechsel:
Zu Anfang kann man den Beginn
eines christlich-jüdischen Dialogs vermuten – ein eigenartiger Dialog, in dem
alsbald die Unterschiede von Religion und Alter und Lebenswelt überhaupt unwichtig
zu werden, ja sogar die Identitäten von Ich und Du sich zu verflüchtigen
scheinen. Dann werden die Lebensbriefe unmerklich zu Liebesbriefen von
ungewöhnlicher intellektueller Kultur. Dieser erstaunliche Briefwechsel ist ein
tröstliches Beispiel für die große Möglichkeit zwischenmenschlicher Beziehungen
in einer weithin so trostlosen Welt.
Elazar Benyoëtz
hat 1989 den umfangreichen, intellektuell anspruchsvollen Briefwechsel mit
Clara von Bodman aus Gottlieben am Bodensee (Thurgau, Schweiz) in diesem Buch
veröffentlicht. Er war 1966 mit 29 Jahren das erste Mal nach Konstanz gekommen
auf den Spuren des 1923 in Meersburg verstorbenen Schriftstellers Fritz Mauthner. Verbindungslinien und Tradition bewahren,
Jüdisches und Nichtjüdisches - darum ging es ihm. Und so erfuhr er zufällig,
dass der damals längst vergessene Dichter Emanuel von Bodman in der Nähe
gewohnt hatte, im schönen Gottlieben. Dort traf er seine Witwe Clara, mit der
er bis zu ihrem Tode 1982 unzählige Briefe wechselte - ein unerhörter geistiger
Austausch zwischen Jerusalem und der Bodenseeregion.
Rezension aus „Kultus und Unterricht“
9/90
Elazar Benyoëtz
(Jahrgang 1937, Chamisso-Preisträger 1988, eine Zeit
lang freier Mitarbeiter der FAZ, Rabbinerexamen, z.Zt. Schriftsteller in
Jerusalem)• hatte sich in Israel bereits einen Namen als Dichter erworben, als
er 1963 auf 5 Jahre nach Deutschland kam, um sich hier für die Schaffung einer Bibliographia Judaica
einzusetzen. Dabei schloss er Freundschaft mit Margarete Susman,
Annette Kolb, Marie Luise Kaschnitz und lernte
Lasker-Schüler, Bloch, Rychner u.a.kennen.
So traf er 1966 auch Clara von Bodman, die sich um den dichterischen Nachlass
ihres 1946 verstorbenen Mannes Emanuel von Bodman verdient gemacht hatte. Trotz
des Altersunterschiedes von 53
Jahren
entspann sich von 1966 bis 1982 eine ungewöhnlich reizvolle Korrespondenz
zwischen Benyoëtz und Frau von Bodman.
In der
vorliegenden Auswahl überwiegt die Zahl der Briefe von Clara ("Clärle"). Sie schlägt von Anfang an den Tonfall
persönlicher Liebe an, nachdem sie den Partner schon beim ersten Besuch als
einen jener Menschen erkannt hatte, "die sich, jeder auf seine Weise,
rückhaltlos einer Sache hingeben und sich in dem verwandten Element geborgen
(fühlen)". Aber ebenfalls von den ersten Briefen an begleitet sie mit
großer Aufgeschlossenheit und Eifer die Arbeiten des jungen Dichters. Das Thema
Judentum spielt dabei eine gewichtige Rolle, und Clara vertieft sich darin SO
sehr, dass sie z.B. in der Feier des Schabbat die "volle Zugehörigkeit" zu Elazar erlebt, "wie noch nie in einem christlichen
Gottesdienst." Ihre allwöchentlichen Schreiben werden über die Jahre hin
immer enthusiastischer, aber auch blumiger und gefühlsüberladen, bis (etwa
1977) auf einmal eine gewisse Abkühlung und Versachlichung zu verspüren ist.
Dazu .äußert sich Elazar am 5.6.1968: "Deine
vergoldende Sicht mit dem weich bewimperten Augenaufschlag lässt Dich viel
Hartes übersehen: zu Deinem Glück - oder unerheblich erscheinen: zu meiner
Betrübnis. Es sind oft mir wichtige Dinge, die Du so nicht einzuschätzen
weißt." Wie sehr Benyoëtz aber doch den
Intellekt seiner Brieffreundin und ihr Urteilsvermögen in literarischen Fragen
zu schätzen wusste, zeigt sich vor allem an der Stelle, wo er sogar die
Manuskripte seiner eigenen Aphorismen vor der Veröffentlichung geradezu ihrem
Urteil anheimstellte. Beim Tod von Clara musste er erkennen: "Mein
Schutzwall stürtzte ein, ich habe keinen mehr."
Elazars Briefe sind ein geistiger Genuss: stilistisch
ausgefeilt, nüchtern und bündig wie Tagebuchaufzeichnungen; ihr Inhalt ist
aufschlussreich, fesselnd, messerscharf durchdacht. Sie kreisen um Werke von
Rilke, Annette Kolb, Emanuel von Bodman, Benyoëtz selbst; um die Verdeutschung der Hymnen des Jehuda Halevi durch Rosenzweig;
um den Sinn und Zweck eines Gesamtwerks; um Lyrik, Tagebuch und Brief als
literarische Ausdrucksformen. Ein Gipfel an disziplinierter Beschreibung ist
der erschütternde, nur scheinbar distanzierte Bericht vom 28. Januar 1981 über
das Sterben des Stiefvaters Benzion.
Im Anhang des
Buches steht eine Reihe von Ergänzungen und Hilfen zur Lektüre des Briefwerks
bereit: ein Glossar zu hebräischen, aramäischen und jiddischen Ausdrücken;
Prosatexte und Gedichte von Emanuel und Claravon
Bodman, Elazar Benyoëtz, Jehuda Halevi; ein ausführliches
Verzeichnis mit allen wünschenswerten Angaben über die in den Briefen genannten
Personen und Werke; eine kurze Abhandlung der Herausgeberin Hilde Schultz-Baltensperger; eine Bibliographie
der Werke von Elazar Benyoëtz
(30 Nummern!); Anmerkungen zu den Briefen, teilweise mit willkommenen Verweisen
auf zeitgenössische jüdische Literatur, durch die der Leser einen Weg zu
wichtigen Werken finden kann, die in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig beachtet
werden.
Ein
einfühlendes Geleitwort schrieb Max Zweig. Eine Anzahl von Bildern der beiden
Briefpartner und ihrer Umgebung sowie Faksimiles von Briefen schaffen einen
weiteren nützlichen Zugang zu dem Werk, das übrigens in einem zweiten Band
fortgesetzt werden soll.
(379) Bk
Schlagworte: Emanuel von Bodman; Fritz Mauthner; Max Rychner; Margarete Susman; Wilhelm von Scholz,
Annette Kolb, Franz Rosenzweig, Tuvia
Rübner, Bernhard Zeller, Max Zweig, Dan Pagis, Ernst
Bloch, Martin Buber, Gottlieben; Bodensee;
Briefwechsel; Jerusalem, Elazar Benyoëtz
Beachten Sie in diesem Zusammenhang
auch diese beiden Titel:
Hendrik Riemer
Der Konstanzer Dichter Wilhelm von
Scholz
1874–1969
Eine biographische
Annäherung
Erste Auflage 2013, 282 Seiten, gebundene Ausgabe.
EUR 19,80. ISBN 978-3-86628-449-4
Erhard Roy Wiehn
1878-1965-2008
Juden in der Soziologie.
2008, 184 Seiten. EUR 18,00. ISBN 3-86628-204-4
Erhard Roy Wiehn u. Heide Mirjam Wiehn,
Dajénu –
Tagebuch
einer Israelreise.
Konstanz
1986, 2. Auflage 1987,
326 Seiten, €
15,24. ISBN 3-89191-079-7
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