Hartung-Gorre Verlag
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Die Gailinger
Juden
Materialien
zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Gailingen
aus ihrer Blütezeit und den Jahren der gewaltsamen Auflösung
Herausgegeben
von
Eckhardt Friedrich und Dagmar Schmieder
1.
Auflage 1981, 19822, 19873, 20104
5. erw. Aufl.
2023. 130 Seiten. €
14,80,
ISBN
978-3-86628-347-3
Nach- und Vorwort der Herausgeber zur 5. Auflage:
Mit unserem 1981 erstmals
publizierten Büchlein „Die Gailinger Juden“ befinden
wir uns auch heute noch im Spannungsfeld zwischen Erinnern und lieber Vergessen.
Als Laienhistoriker und Mitglieder des Arbeitskreises für Regionalgeschichte
haben wir uns vor über 40 Jahren von Mitarbeitern der Universität Konstanz
beraten lassen. Am Fachbereich Geschichte gab es damals das Forschungsprojekt
„Oral History“, das von der Losung ausging „Grabe da
wo Du stehst“. Es folgten zwei weitere Auflagen im Selbstverlag des
Arbeitskreises in den Jahren 1982 und 1987. 2010 erschien dann im Hartung-Gorre Verlag Konstanz die 4. Auflage.
Das Interesse an Gailingen als einem Ort, der bis heute deutliche Spuren
seiner jüdischen Vergangenheit aufweist, ist nach wie vor lebendig. Der seit
360 Jahren bestehende jüdische Friedhof am Ortsrand und einzelne markante
Gebäude im Ort selber sind die augenfälligsten Zeugen
davon.
Die zunächst von
Einzelpersonen und wenigen Institutionen ausgeübte Erinnerungskultur für das jüdische
Gailingen begann 1935 mit der in der Schweiz
erfolgten Gründung des „Verein für die Freunde Gailingens
im Ausland“, der 1964 in den „Verein für die Erhaltung des jüdischen Friedhofes
Gailingen“ mit Sitz in der Schweiz umbenannt wurde
und bis heute jährliche Gedenkfeiern auf dem jüdischen Friedhof und dem
Synagogenplatz veranstaltet. Erst seit den 1970er Jahren nahmen an diesen
Feiern auch eine allmählich wachsende Zahl christlich geprägter Teilnehmer aus Gailingen und der Umgebung daran teil. Auch bei uns
erfolgte die Kontaktaufnahme zu Gailingern mit
jüdischen Wurzeln und ihren Nachfahren über diese Gedenkfeier und motivierte
uns zu Reisen nach Israel und der Zusammenstellung von authentischen
Zeitzeugen-Materialien mit dem Schwerpunkt auf die Zeit des Nationalsozialismus.
Seit 1980 folgten dann
Initiativen verschiedener Art, die an die Zeit vor und während des Nationalsozialismus
erinnern. 1997 wurde der „Verein für jüdische Geschichte Gailingen“
gegründet und mit dem kontinuierlichen Aufbau eines jüdischen Museums im
früheren jüdischen Schulhaus mit Rabbiner- und Lehrerwohnungen begonnen. Durch
ein intensives meist ehrenamtliches regionales und internationales Engagement
wurde ein modernes und lebendiges jüdisches Museum erstellt. Darin werden viele
Objekte aus dem jüdischen Kultur-, Religions- und Alltagsleben ausgestellt.
Entstanden ist mittlerweile ein Museum,
wie man es sonst eher in einer grösseren Stadt findet.
Wegen seines Konzepts, der Ausstattung und der vielfältigen kulturellen Veranstaltungen ist dieses Museum
auch schon mit Preisen bedacht worden. Im Juni 2022 feierte der „Verein für
jüdische Geschichte Gailingen e.V.“ mit seinem
hervorragend besetzten wissenschaftlichen Beirat sein 25-jähriges Bestehen.
Die Gailinger
Juden sind, soweit sie ihre Vertreibung und Deportation überleben konnten, nach
dem 2. Weltkrieg nicht mehr in ihre frühere Heimat zurückgekehrt. Sie und ihre
Nachfahren kommen aber regelmässig nur kurze Zeit
anlässlich der Gedenkfeier, zu der der „Verein für die Erhaltung des jüdischen
Friedhofs Gailingen“ mit Sitz in Zürich einlädt, nach
Gailingen und kehren dann wieder an ihre Wohnorte im
Ausland zurück.
Als Beispiel dafür, was die
für unsere Sammlung ausgewählten authentischen Texte von den damals betroffenen
Zeitzeugen auslösen können, möchten wir aus einem Brief zitieren. Kurz nach dem
Erscheinen der 1. Auflage erhielten wir diesen Brief von dem aus Randegg stammenden Arzt, der später in Konstanz ein
bekannter Frauenarzt wurde und viele Konstanzer mit auf die Welt gebracht hat.
Dr. Semi Moos schrieb uns hochbetagt aus Australien:
„Sie haben mir mit dieser Dokumentation aus schriftlichen, mündlichen und
bildlichen, eingehend und lebhaft festgehaltenen Beweisen, sehr gut getan. Aus
meinen bald hundert Lebensjahren habe ich viele Menschen und deren
Lebensumstände gekannt und erlebte ein friedliches Zusammenleben von Christen
und Juden. Dann kam der Umbruch. Musste er kommen?“
Diese Neuauflage soll dazu
anregen, die Erinnerung an früheres Geschehen zu bewahren, gegenwärtige
Ereignisse mit Aufmerksamkeit wahrzunehmen, in welcher Richtung sie sich
bewegen und gegebenenfalls nicht passiv hinzunehmen. Möge dieses Büchlein
weiter dazu beitragen, einem erneuten Umschlagen von Hochkultur in Barbarei
entgegenzuwirken.
März 2023
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