Hartung-Gorre Verlag

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S

 

Neuerscheinung 2018

 

 

 

 

Yosef Govrin

 

Im Schatten der Vernichtung

 

Erinnerungen an meine unbeschwerte Kindheit in Bessarabien
und Czernowitz und die bittere Verbannung in Transnistrien
sowie die schwere Einwanderung nach Eretz Israel

1930-1947

Aus dem Englischen von Klara Strompf

Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn

Konstanz 2018, 150 Seiten, € 19.80.

ISBN 978-3-86628-608-5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Einleitung von Yosef Govrin

 

Aus der Sicht eines Kindes und Jugendlichen

 

Ich war 13, als Soldaten der Roten Armee am 20. März 1944 das Ghetto von Mogilew in Transnistrien befreiten – ein Gebiet zwischen den Flüssen Dnjestr und Bug in der südwestlichen Ukraine –, das sich entsprechend der von Nazi-Deutschland und dem faschistischen Rumänien im August 1941 unterzeichneten Absichtserklärung (Tighina-Abkommen) unter rumänischer Besatzungsverwaltung befand.

 

Wir wurden im Herbst 1941 unter brutalen Umständen nach Transnistrien deportiert, kurz nachdem rumänische Truppen in Bessarabien und in der Nord-Bukowina Zehntausende Juden auf Befehl des faschistischen Diktators Ion Antonescu niedergemetzelt hatten. Unter den Überlebenden des Blutbads, die nach Transnistrien verbracht wurden, waren Juden aus der Süd-Bukowina und aus der Gegend von Dorohoi, die integrale Teile des rumänischen Hoheitsgebietes waren. Die Juden aus diesen beiden Distrikten wie auch die überlebenden Juden aus Bessarabien und der Nord-Bukowina, wurden in Ghettos und Vernichtungslager nach Transnistrien deportiert, während die angreifenden Armeen Deutschlands und Rumäniens tief in das Territorium der Sowjetunion vordrangen.

 

Während dieser Todesmärsche in Transnistrien wurde mein Vater getötet, und auch viele Mitglieder meiner Familie, die in Edinetz und Umgebung lebten, sind ums Leben gekommen. Die Gesamtzahl der Juden in Bessarabien und der Bukowina, die im Holocaust zu Tode kamen, wird auf etwa 300.000 geschätzt. Nur 50.000 von 120.000 Juden, die von den rumänischen Behörden nach Transnistrien deportiert wurden, waren am Tag der Befreiung im März 1944 noch am Leben. Meine Mutter, zwei ihrer Schwestern und ich gehörten wie durch ein Wunder zu diesen Überlebenden.

 

Ich war 16, als meine Mutter und ich als illegale Immigranten die Küste von Eretz Israel (Land Israel) erreichten. Wir fuhren auf einem Frachter namens Knesset Israel mit 3.800 illegalen Einwanderern an Bord. Als wir den Hafen von Haifa erreichten, wurde unser Schiff von Marinesoldaten der British Navy gestürmt, die uns nach einem Kampf Mann gegen Mann zwangen, unseren Frachter zu verlassen und auf drei britische Zerstörer umzusteigen, die uns in ein Internierungslager auf Zypern brachten.

 

Nach elf Monaten Gefangenschaft auf Zypern (damals war ich schon fast 17) wurde uns erlaubt – diesmal schon legal –, nach Eretz Israel einzuwandern, und zwar im Rahmen der monatlichen Quoten-Erlaubnis von 750 Einwanderern, die die britischen Behörden für die Lagerhäftlinge in Zypern ausstellten. Das war im Oktober 1947, etwa sechs Wochen bevor die UN-Generalversammlung die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat beschloß. Die britischen Behörden hielten uns noch weitere zwei Monate im Internierungslager Atlit bei Haifa hinter Stacheldraht unter strenger militärischer Bewachung fest. Im Dezember 1947 wurden wir bedingungslos freigelassen und waren endlich wieder freie Menschen.

 

Mit dem starken Drang, in die israelische Gesellschaft integriert zu werden, und zwar in allen wichtigen Bereichen und in kürzester Zeit, bemühte ich mich, meinen gymnasialen Abschluß zu erreichen – während ich gleichzeitig für meinen Lebensunterhalt arbeiten mußte. Während der langen Jahre meines Universitätsstudiums (B.A., M.A. und Ph.D.) und angesichts der vielen Aufgaben, die ich während meiner 42 Jahre im diplomatischen Dienst des Staates Israel übernahm, wurden die Erinnerungen an die schrecklichste Zeit meines Lebens im Schatten des Todes in Transnistrien bewußt oder unbewußt beiseite geschoben, aber niemals vergessen.

 

Eine mündliche Zeugenaussage machte ich im Januar/Februar 1993 für die Abteilung Beweismaterial des Yad Vashem Memorial Instituts in Jerusalem in Form eines Video-Interviews. Diese damalige Aussage diente als Grundlage für die folgenden Kapitel meiner Erinnerungen. Sie werden hier beschrieben aus der Sicht eines Kindes und eines heranwachsenden Jugendlichen, eines Holocaust-Überlebenden, wie sie in meinem Gedächtnis eingeprägt sind. Hie und da werden die Erinnerungen auf dem historischen Hintergrund meines Elternhauses und der Stadt Edinetz dargestellt, wo ich meine Kindheit vor dem Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges verbrachte. Eine Kurzfassung dieser Erinnerungen wurde im November 1997 in Yalkut Moreshet12 veröffentlicht.

 

Im vorliegenden Buch habe ich den Umfang der Schilderung etwas ausgeweitet und schrieb zusätzlich ein neues Kapitel über meine illegale Einwanderung nach Eretz Israel, die etwas mehr als ein Jahr dauerte.

 

Möge dieser Augenzeugenbericht als Kerze der Erinnerung dienen für die Opfer des Holocaust in Bessarabien und der Bukowina, aber auch für alle anderen Opfer der Schoáh, die zu unserem großen Schmerz nicht überlebten und den Tag des Sieges über Nazi-Deutschland und die Wiedergeburt des Staates Israel nicht erlebten.

 

Yosef Govrin, Jerusalem 2007

 

 

„Was aufgeschrieben, veröffentlicht und in einigen Bibliotheken der Welt aufgehoben ist, wird vielleicht nicht so schnell vergessen.“
(
Erhard Roy Wiehn)

 

 

Inhalt

Einleitung: Aus der Sicht eines Kindes und Jugendlichen

 

Im Schatten der Vernichtung

 

1. Meine Kindheit in Edinetz und im Elternhaus

2. Der deutsch-rumänische Blitzkrieg gegen die Sowjetunion

3. Czernowitz, rumänische Besatzung, Ghetto und Deportation

4. In Mogilew und Transnistrien unser Kampf ums Überleben

5. Befreiung, Rückkehr nach Edinetz und Tag des Sieges

"Nach Hause"

Tag des Sieges

6. Hoffnungsvoll über schwierige Grenzen

7. Illegale Einwanderung als langer Weg heim ins Land Israel

8. In britischen Internierungslagern auf Zypern und in Atlit

9. Frei in Eretz Israel (im Land Israel)

Epilog

 

Erhard Roy Wiehn: Aus der Bukowina durch Transnistrien nach Eretz Israel

1. Historischer Kontext

2. Jüdische Familiengeschichte im Schatten der Vernichtung

Dr. Yosef Govrin mit Publikationen

Herausgeber

Verzeichnis der Fotos und Dokumente

Rumänien, Sibirien, Transnistrien in der Edition Schoáh & Judaica

 

 

 

Link zu einer rumänischen Besprechung des Buches:

 

https://baabel.ro/2018/04/memoriile-lui-yosif-govrin/

 

 

Im folgenden Titel befindet sich ein Beitrag des Autors:

 

Erhard Roy Wiehn (Hg.)

Theodor Herzl

Auf der Insel Mainau, in Konstantinopel und in Palästina

als Vater der israelischen Diplomatie 1898

Eine Hommage zum 120-jährigen Jubiläum 2018

70 Jahre nach der Gründung des Staates Israel

Mit vierzehn Briefen Theodor Herzls an Felice Ravenna

Mit Beiträgen der Botschafter a.D. Yosef Govrin und Yoel Sher

1. Aufl. 2018; 202 Seiten. € 19,80. ISBN 978-3-86628-592-7

 

 

 

 

Buch über die Geschichte der Menschen in der Bukowina, der Ukraine und Rumänien

 

 

 

 

Sylvia Hoişie-Korber und Mirjam Bercovici-Korber

Exkursionen in die Vergangenheit

Tagebuch aus der Verbannung in Transnistrien 1941–1944

sowie eine Reise in diese Vergangenheit von Iaşi

nach Czernowitz, Mohyliw, Scharhorod u. Dschurin 2013

Vorwort von Andrei Corbea-Hoişie

Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn

1. Aufl. 2014; 160 Seiten, EUR 18,00

ISBN 978-3-86628-496-8

 

 

 

Weitere Titel über die Verbannung in Transnistrien

 

 

Jüdische Überlebens- und Nichtüberlebensschicksale/Jewish Fates bearbeitet und herausgegeben von Erhard Roy Wiehn

In und aus Rumänien incl. Bukowina / In and from Romania

Zum Inhaltsverzeichnis / to the contents of Shoáh & Judaica / Jewish Studies

 

 

 

 

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