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Sidi Kassner
Sibirische Erinnerungen.
Von Czernowitz nach Sibirien deportiert
und ein neues Leben in Israel 1941-1967.
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
1. Aufl. Konstanz 2008, 72 Seiten. € 14,80,
ISBN 3-86628-199-4
Aus dem Vorwort von Sidi Kassner
Czernowitz vor
unserer sibirischen Odyssee
Ich beginne meine Geschichte erst im Jahre
1941, nachdem man schon sehr viel über die schöne und glückliche Jugend,
geschrieben hat, die wir in Czérnowitz erlebten. Ich
bin ein "Czernowitzer Kind", bin bis zu
meinem achten Lebensjahr – als meine Schwester geboren wurde – als einziges
Kind einer bürgerlichen Familie aufgewachsen, ohne jedoch besonders verwöhnt
worden zu sein (S. 14). Ich genoß eine liebevolle,
wenn auch etwas strenge Erziehung, durch die man mir Fleiß und Verantwortung
beibrachte, die mir später im Leben viel geholfen haben.
Ich
wuchs in den ersten Jahren heran, als in Czernowitz
der Übergang von der österreichischen k u. k. Monarchie zur rumänischen
Herrschaft vollzogen wurde: Ich ging in eine deutschsprachige Volksschule, wir
sprachen zu Hause nur deutsch, lasen deutsche Bücher, gingen ins deutsche
Theater, etc. Erst als ich ins Lyzeum aufgenommen wurde, begann ich, Rumänisch
zu lernen, das ja die Staatssprache war. Zu Hause, in der Familie und unter
Freunden sprechen wir bis heute nur deutsch - unsere Muttersprache (S. 60/61).
In
den acht Jahren im Mädchenlyzeum begann bereits der Antisemitismus spürbar zu
werden, und nur die Besten wurden zur Matura zugelassen, darunter auch ich, da
ich als "Vorzugsschülerin" galt. Im Jahre 1938 maturierte ich (S. 63)
und gedachte, Pharmazie zu studieren; da es an der Czernowitzer
Universität eine solche Fakultät nicht gab, wollte ich mein Studium in Prag
beginnen.
Nachdem man aber im Jahre 1938 in Europa bereits Kommendes voraussehen
konnte, wollten meine Eltern mich nicht von zu Hause wegfahren zu lassen. Mein
Vater war damals Verwalter der "Götz-Säge"
in Czernowitz, und so fand er eine Arbeit für mich
beim Verzollen und Abfertigen von Brettern für den Export ins Ausland.
Als
sich im Jahre 1939 die Lage in Europa weiter verschlimmerte, beschloß man, die Säge nach Rumänien zu überführen, und
mein Vater, der damit beauftragt war, wurde nach Constanza
(Rumänien) versetzt. Im Jahre 1940 kam mein Vater jedoch nach Czernowitz zurück, um alles zu liquidieren und die Familie
nach Constanza zu holen.
Ich
aber hatte inzwischen meinen zukünftigen Mann kennengelernt (S. 63), und als er
erfuhr, daß ich in Kürze umsiedeln würde, bat er
seine Eltern zu meinen Eltern, um diese zu überzeugen, uns heiraten zu lassen.
Der
Vater meines Mannes, Dr. Salomon Kassner, war ein
sehr angesehener und bekannter Anwalt, Publizist, Schriftsteller und Zionist,
und er überredete meine Eltern, uns nicht im Wege zu stehen und uns noch im Mai
1940 heiraten zu lassen, damit ich nicht nach Constanza
übersiedeln mußte, sondern in Czernowitz
bleiben konnte.
Am
26. Mai 1940 haben wir geheiratet (S. 65), am 11. Juni 1940 fuhren meine Eltern
mit meiner Schwester nach Constanza, am 29. Juni 1940
wurde Czernowitz von der Roten Armee besetzt, und ich
wurde 27 Jahre von meinen Eltern getrennt.
Ein
Jahr später, am 13. Juni 1941, begann unsere Deportation und Odyssee, über die
in meinen Sibirischen Erinnerungen
berichtet wird.
Tel Aviv, im Oktober 2008
*
Weitere Titel über Czernowitz und die Bukowina
„Was
aufgeschrieben, veröffentlicht und in einigen Bibliotheken der Welt aufgehoben
ist, wird vielleicht nicht so schnell vergessen.“ (Erhard Roy Wiehn)
Jüdische Überlebens- und Nichtüberlebensschicksale aus
Rumänien
herausgegeben
von Erhard Roy Wiehn
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/ Jewish Studies
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