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S 1995 |
Sonja
Palty,
Jenseits
des Dnjestr –
Jüdische
Deportationsschicksale aus Bukarest
in Transnistrien 1942-1943.
1995, 233 Seiten, € 19,43. ISBN 3-89191-868-2
Aus
dem Vorwort von Sonja Palty
Über fünfzig Jahre
danach
Zweiundfünfzig Jahre danach. Ein
Menschenleben später. Trotzdem ist alles in meinem Gedächtnis lebendig, als
wäre es gestern geschehen. Damals war ich
erst 14 Jahre alt und habe noch heute,
52 Jahre später, nichts vergessen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich eine so
traurige Seite meines Lebens nicht vergessen: der Alptraum
von mehr als 14 Monaten in einer Hölle.
Wir waren eine Gruppe von 212
Menschen, aus Bukarest nach Transnistrien deportiert: Männer, die angeblich bei
der Zwangsarbeit fehlten, Frauen, Kinder, alte Leute. Diese Gruppe wurde drei
Wochen später durch 72 junge Juden vergrößert, von Marschall Antonescu ebenfalls zur 'Disziplinierung' deportiert, wenn
auch glücklicherweise ohne ihre Familien.
Als Mädchen habe ich alles, was
geschah, mit der Neugier meines Alters erlebt. Im Unterschied zu anderen
Deportierten schrieb ich jedoch Tag für Tag in mein Tagebuch, was ich sah und
fühlte. Darin liegt die Erklärung für meine genaue Erinnerung, selbst 52 Jahre
danach.
Fast jede Zeile dieses Buches zu
schreiben, war für mich eine Pein. Während des Schreibens erlebte ich die Tage
der Deportation noch einmal: Angst, Ekel, Elend, Flüche, Hunger, Kälte,
Schläge. Mein Herz tat weh, und ich weinte. Aber ich schrieb weiter. Ich musste
an die Gefährten der Deportation um so intensiver
denken, da die meisten heute nicht mehr leben.
Meine Gedanken ziehen sich aus der
Gegenwart heraus und werfen mich zurück in jene Jahre, die tief in mir
eingeprägt sind. Denn ich bin eigentlich noch
immer in Transnistrien
und leide weiter. Diese Erfahrung kann man 'Deportations-Syndrom' nennen. Immer
wieder muss ich daran denken, dass mehr als 50 Menschen aus unserer Gruppe in Transnistrien ums Leben kamen, 50 von etwa 90.000 Juden aus
Rumänien, die in Ghettos, Lagern oder auf
Todesmärschen starben.
Für alle, die nicht zurückkehrten und
in Transnistrien in Massengräbern oder auch ohne Grab geblieben sind, habe ich
dieses Buch geschrieben. Wer verzeihen kann, soll verzeihen; denn Verzeihen ist
etwas Menschliches. Wir können nicht immer mit Hass leben. Wir dürfen aber
niemals vergessen. Vergessen tötet ein zweites Mal.
Holon/Israel, im Februar 1995 (Aus dem
Rumänischen von Radu Neculau)
„Was aufgeschrieben, veröffentlicht und in einigen Bibliotheken
der Welt aufgehoben ist, wird vielleicht nicht so schnell vergessen.“ (Erhard
Roy Wiehn)
Weitere Titel
über die Verbannung in Transnistrien
Jüdische Überlebens- und Nichtüberlebensschicksale aus
Rumänien
herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
Zum Inhaltsverzeichnis
/ to the contents of Shoáh & Judaica / Jewish Studies
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