Hartung-Gorre Verlag

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Lena Christolova

"Die Zeit ist niemals
in den Fugen gewesen"

Raum-zeitliche Modelle in der poetischen Welt
von Wolfgang Hildesheimer
1999; IV, 186 Seiten, € 44,99. ISBN 3-89649-492-9

 

 

 

Rezension in Germanistik Band 42 (2001) Heft 3/4 Seite 852 f.
von Andrea Heuser, Köln

Um das Werk Wolfgang Hildesheimers, Büchner-Preisträger und Hauptvertreter einer deutschsprachigen Literatur des Absurden, ist es in den letzten Jahren erstaunlich still geworden. Mit ihrer 1999 in Konstanz vorgelegten Diss. füllt die Verf. in überzeugender Weise diese Leerstelle. Leere Räume, die sogenannten "amor vacui" (16), stehen auch im Zentrum der H.schen Poetik. Deren fehlende Mitte, die auf die verborgene innere Struktur eines Traumas verweist, erfährt durch die "kondensierte" (Erzähl-)Zeit (15) eine ständige Verschiebung, Verdrängung und Zirkulation. Raum-zeitliche Modelle stehen also im Fokus der ambitionierten Untersuchung und werden auf ihre textproduktiven Möglichkeiten hin befragt. Herausgearbeitet wird - im Sinne einer Literatur des Absurden - die Dissonanz der H.schen Poetik, der Doppelgestus seiner Raum-Zeitmodelle sowie sein zweifacher Topos-Begriff (Teil 1 und 3). Letzterer basiert auf H.s Metaphernkonzept, dessen Analyse in die Erörterung der Modellstrukturen eingebettet wird (Teil 2). Gleichsam als Synthese werden im vierten Teil der Arbeit die Möglichkeiten eines Ausfüllens der "amor vacui" behandelt und in der Wirklichkeit des Absurden zusammengefaßt. Durch die Fragmentierung einer fiktiven Ganzheit, so die Verf., stellt H. in seinen Werken Modelle eines neuen Zeitbewußtseins auf, welche Ganzheit und Wahrheit als Fiktion entlarven (vgl. 15, 165). - Ob er sich darum als "postmoderner" Autor (15) lesen läßt, bleibt diskutierenswert, da H., wenn auch ex negativo, an einer >Gesinnung zur Totalität< festhält, was ihn als einen Vertreter der Moderne ausweist.

Klappentext zum Buch:
Zeit als sinnlich wahrnehmbare Ordnung, die entweder subjektiv (Zeit der Wahrnehmung, Erlebniszeit, Erinnerungszeit) oder objektiv (physikalische Zeit, Geschichtszeit) erfaßt wird, ist immer eine Art von Weltkonstitution.
Raum als die Struktur der erlebten Welt unterliegt einer Topologie von Zusammengehörigkeit von Raum und Zeit, die die Eigenschaften des Raumes als Möglichkeiten abhebt, das Wesen der Zeit zwischen Sein und Nichtsein - zwischen "substanzialisierter" Zeit und Nichts darzustellen.
Dieses "Zwischen", das in der Schwebe von Sein und Sein-Wie das Eigentliche vom Herangetragenen teilt oder verfehlt, ist der gemeinsame Ort der Entstehung von Modell und Mythos, die sich nur durch ihren Modus der Aussage unterscheiden - das Modell gibt an, dem Logos untergeordnet zu sein und ihm seine Entstehung zu verdanken, während der Mythos sich an die Physis, an die Gattung heranmacht und so seine "Natürlichkeit" verkündet.
Dahinter steckt der Doppelgestus der Hildesheimerschen Modelle - den Mechanismen von Erschaffen von Weltbildern nachzugehen, auf die Ursprünglichkeit der Mythen als eine Art Modelldenken zu verweisen, um dann Modell und Mythos als Konkurrenzformen von Weltbilderkonstituierung einander gegenüberzustellen. Der Modellbegriff Hildesheimers stellt in erster Linie raum-zeitliche Schemata bereit, die die Vielfalt paralleler Diskurse in seinen Texten in ihrer mehrdimensionalen Strukturiertheit isotopisch transformieren.
Daher ist das privilegierte Schema der Arbeit, das die Ebene der Modelle systematisch auf die Struktur der Texträume bezieht, die raum-zeitlich dimensionierte Zustands/Ereignis-Differenz. Dieses Metamodell , das zwischen den Polen naturwissenschaftlicher Empirie und geisteswissenschaftlicher Methodologie vermitteln und ihre Interaktion transparent machen soll, konstruiert die dynamische Beziehung zwischen den poetologischen Verfahren Hildesheimers und Modellen der Musik, bzw. des Traumas, die durch ihre Äquivalenz zur Systematik der erzählten Erzählstruktur selbst semantisch operational funktioniert, d.h., am Text "beteiligt" ist. Indem sich die Arbeit mit den theoretischen Grundlagen der Poetik Hildesheimers - am Surrealismus, an der Ästhetik des Absurden, an Musiktheorie, Psychoanalyse und Naturwissenschaften geschult - auseinandersetzt, visiert sie an diesem paradigmatischen Beispiel eine Grundlagentheorie zeitgenössischer Literatur an.

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Beachten Sie bitte den folgenden Buchtitel:

 

Anton Philipp Knittel

Erzählte Bilder der Gewalt.

Die Stellung der "Ästhetik des Widerstands"

 im Prosawerk von Peter Weiss.

1996, 128 Seiten, € 20,35. ISBN 3-89649-084-2

 

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