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S 1996 |
Mark
Ettinger
Erinnerungen
Von Warschau durch die Sowjetrepublik
Komi
nach Astrakhan 1922-1999
Bearbeitet von
Hermann Prell
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
2006, 190
Seiten. € 18,00, ISBN 3-86628-059-9
Aus dem Vorwort von Erhard Roy Wiehn:
Mark Aronowitsch Ettinger
beschreibt in seinen vorliegenden 'Erinnerungen' eine
Odyssee, die man nicht erfinden könnte, wenn es sie so nicht gegeben hätte.
Mark wird 1922 in einer jüdischen Mittelstandsfamilie in Lodz geboren und
wächst in Warschau auf. Der Vater hat eine ansehnliche Bildung, beherrscht
mehrere Sprachen, darunter auch Deutsch und Russisch. Die Eltern tun alles für
eine möglichst gute Erziehung und Bildung ihres Sohnes, später auch für die
1928 geborene Tochter Danussja, und beide Kinder
erzielen bald beste Noten. Mark liest, was er in die Hände bekommt, beherrscht
das Schachspiel, beginnt sich für Musik zu begeistern, besucht mit neun Jahren
eine Musikschule, besteht mit 15 im Hauptfach Klavier die schwierige
Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule in Warschau und schafft im Frühjahr
1939 souverän das Abitur.
Nach dem
Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen beginnt bald eine jahrelange teils
bittere, teils erstaunliche Odyssee in der Sowjetunion, während Mutter und
Schwester in Polen ermordet werden.
Mark Ettingers Erinnerungen
ergänzen nicht nur unsere Bücher über jüdische Schicksale aus Polen
und andere Odysseen in der Sowjetunion, sondern
überdies die Erinnerungen derer, die auch dank der Musik überlebten wie etwa Margit Bartfeld-Feller, Jacques Stroumsa und Uri Toeplitz.
Was aufgeschrieben, veröffentlicht und in einigen Bibliotheken
der Welt aufgehoben ist, wird vielleicht nicht so schnell vergessen.
Erhard Roy Wiehn (Herausgeber)
Rezension in DAVID,
Jüdische Kulturzeitschrift. Juni 2009, 21. Jahrgang Nr. 81, Seite 55:
Mark Ettinger, geboren 1922 in Lodz, erzählt seine Geschichte
von Vertreibung, Flucht und Neubeginn in den Wirren des Zweiten Weltkrieges.
Seine 1995 aufgezeichneten Memoiren wurden aus dem Russischen übersetzt und
geringfügig überarbeitet. Nach einer glücklichen Kindheit erfährt er in den
dreißiger Jahren, wie sich die Lage in Polen und Europa zunehmend
radikalisiert. So erzählt der Autor über seine Schwierigkeiten, trotz
ausgezeichneter schulischer Leistungen, an der Universität angenommen zu
werden. Der deutsche Angriff auf Polen lässt dies alles in den Hintergrund
treten. Für die nächsten Jahre wird "Überleben" zum Lebensinhalt der
Familie Ettinger. Als sich die deutsche
Armee
Warschau nähert, muss der Autor mit seinem Vater nach Osten fliehen, kehrt jedoch
einige Zeit später wieder zu seiner Mutter und Schwester zurück, ehe die
Familie - diesmal für immer - zerrissen wird. 1942 werden Mutter und Schwester
in Treblinka ermordet. Ettinger
und sein Vater fliehen erneut aus Warschau in Richtung Sowjetunion und sind
dabei ständigen Gefahren ausgesetzt. Doch sie erfahren während ihrer Odyssee
auch große Unterstützung und Menschlichkeit, beispielsweise von polnischen
Bauern, die ihnen, ohne sie zu kennen, eine Herberge anbieten. Endlich in der
Sowjetunion, droht ihnen zwar nicht die Ermordung, doch machen Hunger, NKWD und
die Ungewissheit über das Schicksal ihrer Verwandten das Leben zur andauernden
Belastungsprobe.
Nach einiger
Zeit werden sie 1940 in die Sowjetrepublik Komi umgesiedelt und arbeiten dort
bis 1942 als Holzfäller unter harten Bedingungen. Durch das Engagement eines
Vorgesetzten bekommt Ettinger schließlich eine Stelle
als Pianist beim staatlichen "Gesangs- und Tanzensemble". Von da an
steigt Ettinger schrittweise auf und übersiedelt nach
einigen Versetzungen 1947 nach Astrakhan, wo er als
Dirigent arbeitet und später sogar eine Musikhochschule gründet.
Die
Erzählung des Schicksals von Mark Ettinger ist ein
kleiner Ausschnitt aus einer Zeit, in der sich viele ähnlich dramatische
Geschichten ereignet haben. Jedoch gleicht keine der anderen. Hierin vor allem
liegt die Bedeutung dieser Erinnerungen, die verdeutlichen, dass es schließlich
am einzelnen Menschen liegt, zum Guten oder Schlechten anderer zu handeln.
Hanns Matiasek
Mark Aronowitsch Ettingers Lebensstationen:
13.04.1922
Geboren in Lodz/Polen. Vater
Buchhalter; Mutter Lehrerin.
1922 Umzug nach Warschau an die
neue Arbeitsstelle des Vaters.
1928-1939 Besuch
der Grundschule, des Gymnasiums und des humanistischen Lyzeums; gleichzeitig musikalische
Grundausbildung und Klavierunterricht in der Musikschule.
1937 Erfolgreiche
Beendigung der Musikschule. Nach bestandener Prüfung
Aufnahme in die Mittelstufe des Warschauer Konservatoriums (Klavierklasse von
Professor J. Lefeld).
06.09.1939 Nach
dem Überfall Hitlerdeutschland auf Polen werden
vom Kommandanten Warschaus alle Männer
aufgefordert, die Stadt Richtung Osten zu verlassen. Zusammen mit dem Vater
Flucht in den von der Roten Armee besetzten Teil Polens. Mutter und Schwester
bleiben in Warschau. Von dort werden sie 1942 nach Treblinka
verschleppt und ermordet. - Jenseits des Bug werden Vater und Sohn im Mai 1940
von Bialystok aus zusammen mit zahllosen anderen polnischen Flüchtlingen in die autonome sowjetische
sozialistische Republik Komi (ASSR Komi) im hohen Norden der SU deportiert.
("umgesiedelt"). Bis zum Dezember 1942 arbeitete der Sohn als Holzfäller in der ASSR Komi. Später wurde er Repetitor eines Gesangs- und
Tanzensembles in der Hauptstadt Syktywkar. Im Mai
1944 endete der Deportiertenstatus.
1944 Auf
Anordnung des Präsidiums
des Obersten Sowjets der UdSSR Versetzung in das Gebiet von Kursk, wo er als
Repetitor im Theater für
Musikdramen und Komödien in
der Stadt Belgorod tatig
war und später in
gleicher Stellung in der Stadt Kowrow im Gebiet von
Wladimir.
Januar 1947 Umsiedlung nach Astrakhan aufgrund
der Berufung zum Dirigenten an das Theater für
musikalische Komödien.
Nach Schließung
dieses Theaters im April 1948 arbeitete er bis Juli 1969 an der Musikfachschule
von Astrakhan als Lehrer für Musiktheorie.
1947-1962 Über Fernstudium schloss er die Mittelschule
in Astrakhan mit Auszeichnung ab, anschließend absolvierte er am pädagogischen Institut in Astrakhan
das Studium für Geschichte
und schloss es mit dem Diplom ab. Ebenfalls im Fernstudium wurde er am
Staatlichen Gnesinych-Institut für Musikpädagogik in Moskau ausgebildet und schloss
das Studium mit dem Diplom für
Musiktheorie ab. Anschließend
arbeitete er an seiner Doktorarbeit zum Thema "Die Harmonik J.S. Bachs".
1969-1998 Zusammen mit dem Leiter des
Kulturamtes für
das Gebiet Astrakhan, Grigorij Korschenko,
führte er die Vorarbeiten zur Gründung der Musikhochschule von Astrakhan durch, an der er dann selbst 30 Jahre tätig war (Leiter der Musikabteilung für Theorie und Geschichte in den Jahren
1969-1998; 1979 Veröffentlichung:
"Frühklassische
Harmonik"; diese Untersuchung wurde 1982 als Habilitationsschrift
anerkannt; 1984 Ernennung zum Professor). Ab 1968 war er Mitglied des
Komponistenverbandes der Russischen Föderation.
1989 Auszeichnung als Verdienter
Künstler der Russischen Föderation.
1995 Ernennung
zum Ehrenbürger
von Astrakhan.
1999 Übersiedlung in die Bundesrepublik
Deutschland.
24.04.2003 Gestorben
in Göttingen.
„Was aufgeschrieben, veröffentlicht und
in einigen Bibliotheken der Welt aufgehoben ist, wird vielleicht nicht so
schnell vergessen.“
(Erhard
Roy Wiehn)
Jüdische Überlebens- und Nichtüberlebensschicksale aus Polen
herausgegeben
von Erhard Roy Wiehn
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