Margit
Bartfeld-Feller
Erinnerungswunde
Weitere
Geschichten aus Czernowitz
und aus der sibirischen Verbannung
sowie Zeitungsbeiträge und Berichte
Vorwort von Sergij Osatschuk
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
1. Aufl. Konstanz
2007, 106 Seiten. € 14,80, ISBN 3-86628-151-X
Hartung-Gorre Verlag ; D-78465
Konstanz
Telefon: +49 (0) 7533 97227 ; Telefax: 97228
http://www.hartung-gorre.de
eMail: verlag@hartung-gorre.de
Sergij
Osatschuk
Eine
für uns von Gott gerettete Berichterstatterin
Das
Czernowitz der Vorkriegszeit ähnelt einem Planeten, der aus dem Orbit
abgesprungen ist, um für immer nicht ganz enträtselt, erforscht, verstanden zu bleiben.
Ereignisse und Erscheinungen, aber vor allem JENE Einwohner JENES
Planeten erwecken bei den zeitgenössischen Czernowitzern eine Begeisterung mit vielen
Fragezeichen in den Augen.
Kein Historiker in der umfangreichsten
Dissertation, kein Journalist in den ausführlichsten Berichten wird über JENE Stadt
und JENE Czernowitzer die ganze Wahrheit
wissen, begreifen, wie es wirklich war. Denn um auf eine Wahrheit Anspruch zu erheben, mußte man mit ihr
DAMALS gelebt und sie sogar überlebt
haben. Die größte emotioneile Annäherung an den verlorenen Planeten
Cz...tZ kann man heute noch bei der Entdeckung Zeitzeugnisse erleben, welche uns die der ganzen Welt zerstreuten
einzelnen Einwohner JENES Czernowitz liefern, indem wir uns in ihre Erzählungen
hineinhorchen, in ihre Erinnerungen hineinlesen.
Nachdem Zusammenbruch des Sowjetimperiums, zu dem das
Czernowitz der Nachkriegszeit gehörte, öffneten sich nicht nur die
Grenzen, es öffneten sich die Seelen der Czernowitzer von JENER und
DIESER Zeit. Es begann die neue Ära der Wiederentdeckung und des Zusammenfindens
von Wissenshungrigen und Erzählungsdurstigen. Aus aller Herren Länder strömten
die einstigen Einwohner dieser Stadt wieder zu ihr, doch die meisten nur, um
festzustellen: "Czernowitz ist nicht (mehr) existent!" Sie sahen nur
die alterhaltene Kulisse, die Menschen von heute wurden häufig übersehen.
Aber der Wunsch und die Bereitschaft der neuen Czernowitzer, ihre
einst verbotene und tabuisierte vielfältige Geschichte zu entdecken, hat zum
Glück auch zu Begegnungen einer ganz anderen
Art geführt. Durch Gottes Fügung trafen
auf einander Czernowitzer von einst und jetzt, die ungeachtet der Altersunterschiede
sofort das Gefühl der inneren Verbundenheit und der Pflichterfüllung spürten:
der Pflicht zu fragen und der Pflicht zu berichten. Denn die Suche nach der Wahrheit von JENEM Czernowitz geht
durch das Herz und die Seele JENER
Planetbewohner, die heute als Weisen das Geheimnis unserer gemeinsamen
Heimatstadt in sich tragen und bewahren.
Die wahre Überraschung aus
einer Unmenge positiver und vielfältiger Kulturgeschichte von Czernowitz bis 1940 nach jahrzehntelangem Verschweigen
und Verleugnen unter dem Sowjetregime
provozierte unter den zeitgenössischen Czernowitzer in
den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Tendenz zur Glorifizierung und Verklärung der Zeit VOR dem Krieg. Daher ist es
äußerst wichtig, aus der Feder einer Czernowitzerin über die Lebens
Verhältnisse und gesellschaftlichen
Kommunikationsformen in den bürgerlichen Kreisen der Stadt von damals in
allen Farben und auch in ihrer subjektiven Reflexion heute zu lesen.
Das stärkste und wichtigste Gefühl nach dem
Lesen von Margits Lebensaufzeichnungen
bleibt der Eindruck der eigenen Zugehörigkeit zu JENER meiner Stadt, welche
sich im unaufhaltsamen Wunsch der Neuentdeckung von ihr erwähnter und beschriebener Stadtviertel, Straßen
und Innenhöfe verwandelt. Das Gefühl
der Zugehörigkeit beschränkt sich aber nicht nur auf die Vorkriegszeit,
vielmehr wächst es und breitet sich aus, wenn man zahlreiche Kapitel aus der politischen sibirischen Verbannung
der Czernowitzer Familie in den Nachkriegsjahrzehnten liest. Fast 3000
Czernowitzer aller Nationalitäten und Glaubensbekenntnisse fielen der letzten
politischen Säuberung der Stadt unmittelbar
vor dem Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges am 13. Juni 1941 zum Opfer.
Darunter auch die Czernowitzer Familie Bartfeld.
Blitzartig mußte sie ihre
bürgerliche Wohnung und ihre österreichisch geprägte Stadt gegen eine Erdhölle im sibirischen Winterwald tauschen. Diese
tragischen Seiten aus dem Leben und
Überleben in den Verhältnissen des echolosen
stalinistischen Terrors klingen heute wie eine Mahnung an alle die-JENIGEN, die
noch heute dem alten Roten Imperium nachtrauen. Es wird nie genug sein, darüber zu schreiben, das Ausmaß der
kommunistischen Verbrechen ist gewaltig,
die Menschen, die es überlebt haben müssen darüber lautstark
erzählen.
Margit Bartfeld-Feller ist eine für uns von Gott
gerettete und begabte Berichterstatterin
über Alt-Czernowitz. Sie ist nicht die einzige, die es tut, auch nicht
die einzige, die über die sowjetische Zeit Auskunft erteilt, aber sie ist die
einzige, die noch heute im Czernowitz des 21. Jahrhunderts, in der Stadt ihrer Jugend, beeindruckende Wiederentdeckungen mit
ihrer kleinen Heimat erlebt und sie so meisterhaft, lebendig und farbig in
ihren Texten wiedergibt.
Das stärkste Gefühl bleibt ... die Zugehörigkeit.
Černivci, im
Juli 2007
Dr. Sergij Osatschuk ist Historiker am Bukowina-Forschungszentrum
der Universität Cernivci (Czernowitz),
Ukraine.
Aus dem Vorwort von Erhard Roy Wiehn (Herausgeber)
Weitere Fenster geöffnet
Schwarz,
wie die Erinnerungswunde,
wühlen
die Augen nach dir
in dem von Herzzähnen hell
gebissenen Kronland,
das uns Bett bleibt:
(...) Paul
Celan3
"Es
ist doch kaum zu fassen", schrieb Peter Rychlo, Freund und Literaturwissenschaftler
an der Universität Černivci (Czernowitz),4 in seinem Vorwort
"Chronik einer lebenslangen Sibiriade" zu Margit Bartfeld-Fellers Unverloren
(Konstanz 2005), "was diese
zarte, schlanke Frau in ihrem Leben durchgemacht hatte. Als Tochter einer
kleinbürgerlichen jüdischen Familie geboren, hatte sie eine schöne
und geborgene Kindheit in Czernowitz verbracht. ... Nichts
kündigte eine jähe Änderung dieses stabilen Zustandes an, obschon der rumänische
Antisemitismus immer zügelloser wurde und die sogenannte 'Eiserne Garde'5
die deutschen NS-Sturmeinheiten kräftig nachahmte."6
Dann aber brach infolge des Hitler-Stalin- bzw. Ribbentrop-Molotow-Paktes
(28.
September 1939) 1940/41 das sogenannte "Russenjahr" herein, die Rote Armee besetzte die Nordbukowina samt Czernowitz,
und am 13. Juni 194l7 (2007
vor 66 Jahren) wurden ca. 4.000 "Volksfeinde"8 - vor allem
Juden - in Viehwaggons nach Sibirien deportiert, darunter auch Familie Bartfeld
mit der 18-jährigen Margit und ihrem
10-jährigen Bruder Otti. Der Vater erlitt bereits im ersten Jahr den
Hungertod in einem völlig entlegenen "Todesnest" nördlich von Tomsk, wo alle Deportierten härteste
Zwangsarbeit leisten mußten, vor allem im sibirischen Urwald.
"Gab es hier überhaupt eine Chance zu
überleben?", fragte Peter Rychlo und fand: "Margit
Bartfeld-Feller hat Unmögliches vollbracht. Sie hat nicht nur sich selbst,
sondern auch ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder retten können
(...). Sie hat dann aber noch etwas sehr Wichtiges getan - nämlich diese
schreckliche Leiderfahrung in ihren Büchern ausführlich und eindrucksvoll
beschrieben. Diese Zeugnisse haben wir alle gebraucht, - um zu erfahren, zu
welchem Grad der Unmenschlichkeit verbrecherische Herrscher kommen können, um ihre Macht
sichergestellt zu wissen; welche heuchlerischen Mittel verwendet wurden, um die menschliche Würde zu zertreten; wie Gesetz, Recht und Moral verletzt wurden, um eine falsche
und illusorische Idee auf Kosten von Millionen menschlicher Leben
durch-zusetzen."9
3 Klaus
Werner (Hg.), Fäden ins Nichts gespannt. Frankfurt/M. 1991, S.7.
4 PetervRychlo,
Die verlorene Harfe - Eine Anthologie deutschsprachiger Lyrik der Buko
wina. Cernivci 2002; ders.(Hg.), Europa erlesen - Czernowitz.
Klagenfurt/Celovec 2004.
5 Antisemitische,
faschistische, ultranationalistische Organisation in Rumänien von 1927 bis
zum Zweiten Weltkrieg.
6 In:
Margit Bartfeld-Feller, Unverloren - Weitere Geschichten aus Czernowitz und aus
der
sibirischen Verbannung. Konstanz 2005. S. 9/10.
7 Nur
kurze Zeit später - im Juli 1941 - rückten deutsche und rumänische Truppen in
Czer
nowitz ein, womit für die Juden erst recht eine schreckliche Zeit
begann.
8 Sassona
Dachlika, "Volksfeinde" - Von Czernowitz durch Sibirien nach Israel.
Eine Er
zählung.
Konstanz 2002.
9 Peter
Rychlo, a.a.O., S. 11
Weitere Titel von Margit Bartfeld-Feller und über
Czernowitz
Margit
Bartfeld-Feller, Am
östlichen Fenster
Gesammelte Geschichten aus Czernowitz und
aus der sibirischen Verbannung.
2002, 270 Seiten, 30,95 €. ISBN 3-89649-672-7
Margit
Bartfeld-Feller, Nicht
ins Nichts gespannt
Von Czernowitz nach Sibirien deportiert. Jüdische Schicksale 1941-1990.
1998, 108 Seiten, 12,68 €. ISBN 3-89649-327-2
Margit
Bartfeld-Feller, Wie
aus ganz andern Welten
Erinnerungen an Czernowitz und die sibirische Verbannung.
2000, 72 Seiten, 11,25 €. ISBN 3-89649-527-5
Margit
Bartfeld-Feller, Unverloren.
Weitere Geschichten aus Czernowitz und
aus der sibirischen Verbannung.
2005, 102 Seiten, 14,80 €. ISBN 3-89649-926-2
Sidi
Gross, Zeitzeugin
sein. Geschichten aus Czernowitz und Israel.
2005, 108 Seiten, 14,80 €. ISBN 3-86628-016-5
Sassona
Dachlika,
"Volksfeinde".
Von Czernowitz durch Sibirien nach Israel. Eine Erzählung.
2002, 140 Seiten, 22,00 €. ISBN 3-89649-802-9
Emil Wenkert, Czernowitzer Schicksale
Vom Ghetto nach Transnistrien deportiert. Jüdische Schicksale 1941-1944.
2001, 36 Seiten, 12,50 €. ISBN 3-89649-675-1
Jacob Melzer, Jankos Reise,
Von Czernowitz durch die transnistrische Verbannung nach Israel 1941 - 1946.
2001, 222 S., 22,70 €. ISBN 3-89649-674-3
Franka
Kühn, Dr. Eduard Reiss
Der erste jüdische Bürgermeister von Czernowitz 1905-1907.
2004, 81 Seiten, 13,80 €. ISBN 3-89649-891-6
Jewgenija
Finkel u. Markus Winkler, Juden
aus Czernowitz
Ghetto, Deportation, Vernichtung 1941-1944. Überlebende berichten.
2004, 124 Seiten, 16,80 €. ISBN 3-89649-892-4
Josef
Norbert Rudel, Honigsüß und gallenbitter.
Aus dem Leben eines Czernowitzers.
2006, 60 S., € 14,80. ISBN 3-89649-049-1
Sidi Gross,
Überlebt
und weitergelebt
Weitere Geschichten aus Israel und
Czernowitz
sowie Rezensionen.
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
2007. 138 Seiten, EUR 14,80. ISBN 3-86628-142-0
Margit Bartfeld-Feller,
Aschenblumen.
Eine Fotodokumentation aus Czernowitz sowie
von der sibirischen Verbannung und danach.
(Deutsch u. russisch)
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
1. Aufl. 2008, 314 Seiten, 24,80 €. ISBN 3-86628-187-0
Sidi Kassner
Sibirische Erinnerungen.
Von Czernowitz nach Sibirien deportiert
und ein neues Leben in Israel 1941-1967.
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
November
2008, 74 Seiten. EUR 14,80. ISBN 3-86628-199-4
Lotti
Kahana-Aufleger
Jahre des Kummers
überlebt
Czernowitz
und die transnistrische Verbannung 1939-1950
Herausgegeben
von Erhard Roy Wiehn
1. Auflage 2009; 132 Seiten, EUR 14,80. ISBN 3-86628-266-4
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