Hartung-Gorre Verlag
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Neuerscheinung April 2010
Hans-Hermann Seiffert
In Argentinien
gerettet -
in Auschwitz ermordet.
Die
Schicksale der jüdischen Familien Salomon Guggenheim aus Konstanz und Abraham
Guggenheim aus Donaueschingen 1933-1942.
Konstanz 1. Aufl. 2010, 114 Seiten, zahlreiche Fotos und Dokumente. € 14,80.
Herausgegeben
von Erhard Roy Wiehn
ISBN 978-3-86628-312-1 u. 3-86628-312-1
Aus dem Vorwort des
Herausgebers Erhard Roy Wiehn:
Nach
seiner beispielhaften Arbeit über das Schicksal der Konstanzer jüdischen
Familie Hammel hat Hans-Hermann Seiffert nun auch die unterschiedlichen
Schicksale der Familien Salomon Guggenheim aus Konstanz und Abraham Guggenheim
aus Donaueschingen vorbildlich recherchiert und dokumentiert. - Salomon
Guggenheim (geb. 1877 in Randegg) und seine Frau Toni (geb. Jung, 1891 in
Gailingen) wurden am 22. Oktober 1940 von Konstanz in das südwestfranzösische
Internierungslager Gurs deportiert und am 16. August 1942 in Auschwitz-Birkenau
ermordet, mit ihnen auch ihr Neffe Dagobert (geb. 1910 als Sohn von Bona u.
Abraham G. in Donaueschingen). – Erna Strauss emigrierte mit Mann und Sohn
bereits 1935 nach Argentinien. Isi Guggenheim (geb. 1915 in Konstanz als Sohn
von Salomon und Toni Guggenheim) erreichte im Juni 1938 das rettende
Argentinien und verstarb im Mai 2000 in Buenos Aires. Bona Guggenheim (geb.
Jung, 1881 in Gailingen, Toni's Schwester) hatte sich noch im Dezember 1939
durch ihre Tochter Erna nach Argentinien retten können und verstarb im Dezember
1952 in Buenos Aires. - Hans-Hermann Seiffert macht neben vielen anderen
Aspekten der persönlichen Leidenswege eindrücklich klar, dass und wie sich
damalige Mitarbeiter des Konstanzer Paßamtes und anderer örtlicher
Dienststellen im Rahmen der staatlich-bürokratisch durchgeführten
"Endlösung" als Schreibtischtäter an der Ermordung von Dagobert, Toni
und Salomon Guggenheim mitschuldig machten und vielleicht nicht nur an ihnen.
Diese Mittäterschaft wurde niemals gesühnt. Ob sich die Mittäter nach 1945
ihrer schrecklichen Untaten je bewußt wurden und diese vielleicht wenigstens
bedauerten, wird für immer ihr Geheimnis bleiben. - Als besonders beschämend
beschreibt der Autor die sogenannte "Wiedergutmachung" beispielhaft
an den überlebenden Guggenheims, die einer krassen Nichtwiedergutmachung
gleichkam, und zwar mit der verblüffend einfachen Erklärung, daß nämlich die
zuständigen Beamten und Angestellten nach 1945 vielfach genau die gleichen
Personen waren wie in den 1930er Jahren, besonders in der Justiz und nicht nur
dort. - Hans-Hermann Seiffert ist für seine ebenso sorgfältige wie faszinierend
zu lesende Erinnerungsarbeit sehr herzlich zu danken, womit er einmal mehr
Menschen ihr Gesicht und ihren Namen zurückgab, die nur deshalb aller Rechte
beraubt, um ihren Besitz gebracht und anschließend in Emigration und Tod
getrieben wurden, weil sie Juden waren. - 70 Jahre nach der barbarischen
Deportation der jüdischen Deutschen – Alte, Kinder, Kranke, Frauen, Männer -
durch Deutsche aus Südwestdeutschland nach Gurs als Vorstation von
Auschwitz-Birkenau ist die vorliegende Dokumentation Hans-Hermann Seifferts ein
substantieller Beitrag gegen das Vergessen örtlicher und regionaler Dimensionen
der Schoáh in Konstanz und Donaueschingen, in Deutschland und der Welt. Denn
was aufgeschrieben, veröffentlicht und in etlichen Bibliotheken der Welt
aufgehoben ist, wird hoffentlich nicht so schnell vergessen.
Buchbesprechung in „ila“ 337
Juli/August 2010 Seite 52, Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika:
Die
Flucht nach Argentinien gelang nicht immer
Ein beeindruckendes Buch
über eine jüdische Familie aus Baden
VON GERT EISENBÜRGER
Zwischen
1940 und 1942 war die südfranzösische Hafenstadt Marseille einer der letzten
Ausgänge, durch die Juden, Jüdinnen und Linke der Terrormaschinerie der Nazis
entkommen konnten. Aber es war ein mehrfach vermintes Tor, durch das längst
nicht alle Flüchtlinge die rettenden Ufer Nord- und Südamerikas erreichen
konnten. Marseille stand ab 1940 unter der Verwaltung des mit den Nazis
kollaborierenden Vichy-Regimes, es gab nur sehr wenige Schiffslinien ab
Marseille und es wurde immer schwieriger, Einreise- oder Transitvisa für
potenzielle Aufnahme- und Durchreiseländer zu bekommen. Und alles mussten die
Flüchtlinge zum richtigen Zeitpunkt gleichzeitig haben: die Ausreiseerlaubnis
der Vichy-Regierung, die Schiffspassage und die nötigen Visa. In Interviews in
der ila kamen in den letzten 20 Jahren mehrfach Menschen zu Wort, denen die
Flucht über Marseille gelungen war: Steffie Spira, Susanne Bach, Charlotte
Janka, Lenka Reinerova und mit Gilberto Bosques, dem damaligen mexikanischen
Generalkonsul in Marseille, auch jemand, der vielen Flüchtlingen in ihrer
verzweifelten Lage geholfen hat.
Aber
längst nicht alle Ausreisewilligen, die 1941/42 in Marseille versuchten, die
notwendigen Papiere zu bekommen, konnten den Nazis entkommen. Drei Menschen,
denen das nicht gelang, stellt Hans-Hermann Seiffert in seinem Buch "In
Argentinien gerettet - in Auschwitz ermordet" vor. Er erzählt die
Geschichte der badisch-jüdischen Familie Guggenheim, von der ein Zweig in
Konstanz, der andere in Donaueschingen lebte. Bis 1933 waren die Guggenheims
angesehene Geschäftsleute. Salomon Guggenheim betrieb in Konstanz eine
Eisenwarenhandlung, sein Bruder Abraham Guggenheim besaß in Donaueschingen,
Singen und Gaggenau mehrere Kaufhäuser, die seine Frau Bona und ihr Sohn
Dagobert nach seinem Tod im Dezember 1932 weiterführten. An zahlreichen
Beispielen zeigt Seiffert auf, wie die Lebenssituation der Guggenheims nach der
Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 systematisch
verschlechtert und ihnen ihre Lebensgrundlagen mehr und mehr entzogen wurde.
Wegen der
zunehmend antisemitischen Politik verließen Abraham Guggenheims Tochter Erna
und ihr Mann 1935 Deutschland und emigrierten nach Argentinien, 1938 folgte
ihnen ihr Vetter Isi Guggenheim. Als letztem Familienmit glied gelang Bona Guggenheim
Anfang Dezember 1939 über Genua die Flucht nach Argentinien.
Drei
weitere Familienmitglieder, Salomon Guggenheim, seine Frau Toni und ihr Neffe
Dagobert, hatten Anfang 1939 ebenfalls Einreisevisa für Argentinien bzw. Chile
beantragt. Deren Bewilligung zog sich aber in die Länge, weil die meisten
lateinamerikanischen Staaten die Einwanderungsmöglichkeiten für europäische
Juden und Jüdinnen inzwischen eingeschränkt hatten.
Im Oktober
1940 verfügte der badische NSDAP-Gauleiter Robert Wagner die
"Abschiebung" aller badischen Juden und Jüdinnen nach Frankreich.
Knapp ein Jahr bevor die Deportationen nach Osteuropa einsetzten, wurden die
Gaue Baden und Saarpfalz bereits Ende 1940 "judenfrei" gemacht.
Die
badischen Juden und Jüdinnen wurden ins Internierungslager GURS am Rand der
Pyrenäen in der unbesetzten Zone Frankreichs deportiert. Im Februar/ März 1941
wurden diejenigen, die bereits Ausreiseanträge gestellt hatten, ins
Transitlager Les Milles bei Aix-en-Provence verlegt. Die Frauen, darunter Toni
Guggenheim, wurden teilweise in Hotels in Marseille interniert, wo sie die
erforderlichen Papiere für ihre Ausreise beschaffen sollten, das quälende
Procedere, das Anna Seghers in ihrem großen Roman "Transit" so
eindringlich beschrieben hat. Das größte Problem Toni Guggenheims und der
anderen badischen Jüdinnen war, dass sie seit ihrer Deportation nach Frankreich
als "staatenlos" galten und die Schreibtischtäter im Konstanzer
Passamt sich weigerten, ihnen Pässe oder entsprechende Ersatzdokumente
auszustellen, was die Voraussetzung für den Erhalt aller weiteren Papiere war.
Dazu kam,
dass die Gestapo die Vichy-Regierung im Juni 1941 anwies, nur noch den Juden
und Jüdinnen die Ausreise zu gestatten, die vor dem Mai 1940 in Frankreich
gelebt hatten. Das bedeutete, dass die badischen Juden und Jüdinnen gar keine
Chance mehr hatten, eine Ausreisegenehmigungzu erhalten. Ihre Ausreise aus
Frankreich war zu diesem Zeitpunkt nur noch illegal möglich, was einige
couragierte Hilfsvereine auch organisierten. Allerdings waren deren
Möglichkeiten begrenzt, so dass sie den meisten Asylsuchenden nicht helfen
konnten. Das galt auch für Salomon, Toni und Dagobert Guggenheim. Sie wurden am
11. August 1942 aus Les Milles nach Auschwitz deportiert. Salomon und Toni
wurden dort wahrscheinlich am 14. August 1942 ermordet, Dagobert wurde
vermutlich für den Arbeitseinsatz ausgesondert, sein Todeszeitpunkt ist
unbekannt.
Zwei
weitere Bücher des Autors
Hans-Hermann
Seiffert,
Der Weg einer Jüdin
aus Konstanz
durch Gurs nach Auschwitz-Birkenau.
1. Aufl. 2011, 104 Seiten,
zahlreiche Fotos und Dokumente. € 14,80.
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn
ISBN 978-3-86628-358-9 u. 3-86628-358-X
Hans-Hermann Seiffert
Die Briefe der Konstanzer Jüdin Hella
Schwarzhaupt aus
der Internierung in Gurs und Récébédou
an ihre Kinder
1. Aufl. 2013, 138 Seiten, zahlr.
Fotos und Dokumente.
EUR
19,80. ISBN 978-3-86628-486-9
Übersetzt
in Englisch:
Hans-Hermann Seiffert
Letters of Hella Schwarzhaupt
to Her Children from
Internment in Camps Gurs and Récébédou
1st
Edition 2015. 128 pages,
many phots and documents.
€
19,80. ISBN 978-3-86628-521-7
Hans-Hermann
Seiffert
Eine Sehnder Jüdin kommt
zurück
Gerda
Rose überlebt die NS-Todeslager
Jungfernhof,
Kaiserwald und Stutthof
sowie
den Todesmarsch
1.
Aufl. 2016, 128 Seiten, zahlr. farb. Abb. und Dokumente.
EUR
19,80. ISBN 978-3-86628-568-2
Hans-Hermann Seiffert
A Jewish Woman
from Sehnde Comes Back
Gerda Rose Survives the Death Camps Jungfernhof,
Kaiserwald and Stutthof, as well as
the Death March
1st Edition 2018, 170 pages, hardcover € 24,80;
ISBN 978-3-86628-611-5
Weitere Titel zur
Geschichte in der Region
Weiterhin
aktuell sind die folgenden von Erhard Roy Wiehn herausgegebenen Titel:
Jüdische
Überlebens- und Nichtüberlebensschicksale in Deutschland
Inhaltsverzeichnis der Edition / to the contents of the edition Shoáh & Judaica / Jewish
Studies
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